Ein Weihnachtskarpfen
Längst sind die sozialkritischen Bücher von Vicky Baum wieder mehr als nur ein Geheimtipp. Die 1960 in Hollywood gestorbene deutsch-jüdische Autorin begann ihre schriftstellerische Karriere in Berlin. Die Wirtschaftskrisen der Zwanziger Jahre schärften ihren Blick für die Not und die sozialen Ungerechtigkeiten. Dies auch die Thematik des Erzählbandes „Der Weihnachtskarpfen“. Die Titelgeschichte entstand 1941 bereits im Exil und spielt in Wien. Eine gutsituierte Arztfamilie muss sich einschränken und versucht auch während des Krieges angemessen Weihnachten zu feiern. Und dazu gehört natürlich am Heiligen Abend ein Karpfen. Man bekommt diesen nur auf Umwegen und auch noch lebendig. Als er dann nach seinem Badewannenasyl doch in die Pfanne kommt, hat keiner in der Familie mehr Appetit. Versteckt hinter einer gehörigen Portion Humor, wird der sinnlose Tod des Fisches zur Symbolik für die Sinnlosigkeit des Tötens einer verrohten Welt in Kriegszeiten.

Vicki Baum
„Der Weihnachtskarpfen“

Erzählungen
160 Seiten
Kiepenheuer & Witsch Verlag
10,- Euro