Unsere Buch-Tipps

Freunde sind manchmal die bessere Familie
Isabel Bogdan, bestens bekannt durch ihren Bestsellerroman „Der Pfau“, nähert sich in ihrem neuen Roman mit viel Humor dem Thema Alter. Sie lässt vier verschiedene Charaktere in unterschiedlichen Lebenslagen in einer Wohngemeinschaft zusammenleben. Als Constanze neu hinzukommt, scheint sich alles zu ändern. Nun müssen alle ihre bisherigen Lebensentwürfe hinterfragen und entscheiden, ob sie Ihre Wohnsituation als Wahlfamilie oder doch nur als Zweck-WG-Bewohner betrachten. Vier grundverschiedene Menschen raufen sich in einem virtuos komponierten Roman zusammen, wer weiß, vielleicht sieht so die Wohnform der Zukunft aus?
Thomas Mahr

Isabel Bogdan
„Wohnverwandtschaften“

Kiepenheuer & Witsch Verlag
256 Seiten
24,- Euro

Fable- Der Gesang des Wassers
Seit Fables Vater sie vor vier Jahren auf dem sengenden Sand einer abgelegenen Insel aussetzte, kämpft sie jeden Tag ums Überleben. Dies schafft sie, indem sie für den äußerst attraktiven Piraten West und seine Crew, Kupfer aus den Felsen im Ozean schlägt. Doch Geld ist schwer zu bekommen und Feinde hat sie auf der Insel ausreichend. Tag und Nacht vergräbt sie ihr gewonnenes Geld, in der Hoffnung eines Tages ihren größten Traum wahr werden zu lassen: wieder unter dem Segel ihres Vaters zu reisen. Doch ihr Plan ändert sich schlagartig, als ein Bewohner der Insel versucht sie zu töten und West sie in seine Crew aufnimmt. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg ihren Vater zu suchen und stoßen dabei auf Hindernisse, die es Fable schwer machen, ihr großes Geheimnis zu wahren.
Emma Khoshchehreh

Adrienne Young
„Fable- Der Gesang des Wassers“

ab 12 Jahre
ars edition (2024)
352 Seiten
18,- Euro

Eine Frau geht ihren Weg
Rom zu Beginn des 17. Jahrhunderts: Eine faszinierende, brodelnde, niemals zur Ruhe kommende Stadt. Sie ist einerseits im wahrsten Sinne des Wortes ruiniert, viele antike Gebäude bestehen noch als Ruinen und werden irgendwie überbaut. Gleichzeitig entstehen auch neue, großartige Gebäude wie die neue Peterskirche oder die Piazza del popolo. Doch es gibt viel Schmutz, Elend und Armut in dieser großen Stadt. Hier wächst Plautilla Bricci auf, in einfachen Verhältnissen, man versucht, so gut es geht, über die Runden zu kommen. Doch während für die meisten Frauen der Zeit vorgesehen ist, dass sie möglichst viele Kinder bekommen und sich um die Wohnung zu kümmern haben oder in ein Kloster gehen müssen, erlernt Plautilla von ihrem Vater die Grundlagen der Malerei. Sie zeigt große Begabung und Können, doch kann sie ihre Kunst kaum anwenden, denn als Frau ist sie darauf beschränkt, zu Hause zu bleiben und höchstens kleine Porträts und Gemälde für Privatleute zu malen. Mit 38 Jahren wird sie schließlich Mitglied in der Accademia di San Luca, der Gilde der Maler in Rom.
Melania G. Mazzucco erzählt in diesem faszinierenden historischen Roman aus Zeiten, in denen es noch keine exakt getrennte Kunstgattungen gab. Plautillas Vater ist beispielsweise Dichter, Schriftsteller, Verfasser von Theaterstücken, Journalist und Maler, seine Tochter wird später auch als herausragende Architektin tätig sein. Dieses Buch, das von Melania G. Mazzucco auf Grundlage ihrer umfangreichen Recherchen geschrieben wurde, berichtet vom hochinteressanten Leben der Plautilla Bricci, vom Leben in der von den Päpsten geprägten Stadt Rom und gleichzeitig in mehreren Lebensabschnitten von der Geschichte einer großen Liebe. Selten sind historische Romane sorgfältig und genau geschrieben und gleichzeitig gut und spannend erzählt – dieses Kunststück gelingt Melania G. Mazzucco in ihrem Buch. Also auf zur Zeitreise in das Rom der Päpste!
Martin Schick

Melania G. Mazzucco
„Die Villa der Architektin“

461 Seiten
Folio-Verlag Wien-Bozen 2024
28,- Euro

Anatomie eines Abends
Stellen Sie sich vor: Ein Abend, mehrere Gäste sind eingeladen. Es läuft ausgezeichneter Jazz, „Jazz für Jazzliebhaber mit wenig Ahnung und viel Geschmack“. Man trifft sich zu einem Aperitif, Hunger kommt auf, die Geschichte nimmt langsam an Fahrt auf… Und dazwischen, wie eingestreut, immer wieder eine kleine Zutatenliste – die Dinge, die man zur Zubereitung der in der Erzählung vorkommenden Gerichte und Mixgetränke benötigt, quasi ein Roman mit Zutaten. Essen spielt in einigen Abschnitten dieses großartigen Romans eine herausragende Rolle. Geschrieben hat dieses geistreiche Werk Teresa Präauer, schon mehrfach für ihre Bücher ausgezeichnet. Sie geht gewitzt mit Sprache und der sich verändernden Bedeutung von Worten um. Dabei spielt auch der heutige Umgang mit Wahrheit und Realität in Zeiten des Internets, der Social-Media-Kanäle und digitaler Filter eine gewichtige Rolle. Das, was die anderen bei der realen Einladung wie im Netz über die Protagonisten denken könnten, wird schon vorab durchdekliniert, um das erwünschte Bild nach Außen darstellen zu können: Alles ist so genau und fein von Teresa Präauer beobachtet. Doch digitale Selbstentwürfe entsprechen nun mal nur äußerst selten dem analogen Sein der Menschen… Dieses Buch ist ein großartiger Blick in den Spiegel für die Menschen unter 40 Jahren und gleichzeitig ein ganz anderes kulinarisches Panoptikum. Lassen Sie sich darauf ein!
Martin Schick

Teresa Präauer
„Kochen im falschen Jahrhundert“

Wallstein-Verlag Göttingen
198 Seiten
22,- Euro

Eine Zeitreise
Der österreichische Schauspieler und Kabarettist Robert Palfrader hatte viele Berufe, bis er schließlich den Weg vor die Kamera bzw. auf die Bühne fand. In Deutschland dürfte er am Ehesten durch die „Wir sind Kaiser“-Sendungen des ORF bekannt sein, die auch im deutschen Fernsehen gezeigt wurden und Kultstatus erreichten. In diesem wunderbaren Buch erzählt er uns die Geschichte seiner Urgroßeltern und Großeltern, die aus dem ladinischen Teil Südtirols stammen. Die Ladiner bilden heute eine eigene kleine Minderheit in Italien, Ortsnamen wie Alta Badia, Gröden oder Cortina d´Ampezzo geben eine ungefähre Vorstellung, wo sie leben. Palfrader schildert das Leben seiner Vorfahren mit all seinen Härten, Wendungen und auch glücklichen Momenten sehr lebendig. Vieles davon ist wahr und hat sich tatsächlich so zugetragen, manches sicher dazu mit viel Fantasie ergänzt. Er berichtet aus einer Zeit, die noch gar nicht so lange her ist und doch heute unvorstellbare Zustände kannte. So schreibt er beispielsweise, dass „in diesen Familien nur in den seltensten Fällen über Gefühle gesprochen wurde. Die hat man, so gut es ging, „mit Rosenkränzen erschlagen“. Half das nicht, griff man zum Schnaps.
Als die ersten Reisenden zum Schifahren kommen, stößt das nur auf Unverständnis: Wie kann man so etwas tun, ohne es zu müssen, den Berg herunterfahren und dabei nicht einmal Heu mitnehmen? Dieses Buch ist absolut lesenswert in einer sehr lebendigen Erzählweise geschrieben; hat man einmal angefangen, mag man eigentlich gar nicht mehr die Lektüre unterbrechen. Reisen sie in Gedanken mit in so nahe und doch so archaische Zeiten.
Martin Schick

Robert Palfrader
„Ein paar Leben später“

Carl Ueberreuter Verlag Wien 2024
159 Seiten
22,- Euro

Was passiert, wenn ein „altes Fass“ geöffnet wird?
Der erste Kriminalroman „Das Schweigen des Wassers“ von Susanne Tägder spielt in einem Ort tief in mecklenburgischer Provinz wenige Jahre nach dem Fall des „eisernen Vorhangs“. Hauptkommissar Groth kommt aus Hamburg in die Kleinstadt Wechtershagen, er soll dort als „Aufbauhelfer Ost“ wirken, wie es oft in der Zeit nach dem Mauerfall üblich war. Die Zusammenarbeit mit den teilweise schon Jahrzehnte im Dienst stehenden ehemaligen Volkspolizisten ist nicht immer einfach. Zusätzlich ist Groth auch noch in der Fortbildung der „Ost-Kollegen“ tätig, er ist für das „Modul Vernehmungslehre“ zuständig. Entsprechend ist für ihn Sorge um die Zukunft und Wut bei den ehemaligen Vopos spürbar, anfangs ist die Zusammenarbeit auf das Notwendigste beschränkt.
Doch eines Tages taucht ein Mann barfuß bei Groth auf und bittet um Hilfe, er sagt: „Jemand ist hinter mir her“. Weiter will er sich vorerst nicht über die Art der Bedrohung äußern, doch er ist zu einem Treffen in der kommenden Woche bereit, um konkret die Gefahr zu benennen. Bevor es so weit kommt, ist der Mann – tot. Ertrunken in einem See, wo er doch als Bootsverleiher ein sehr guter Schwimmer gewesen war. Weitere Ungereimtheiten kommen dazu, und irgendwann wird klar: Das Ganze hat wohl etwas mit einem „Altfall“ vor einem Jahrzehnt zu tun. Bei seinen Kollegen beißt Groth auf Granit: Ein „Altfall“ wird nicht wieder aufgerollt, dass Fass ist zu, und alte Fässer soll man zulassen. Nun kommt aber noch eine Frau ins Spiel: Regine Schadow, die den Barfüßigen gut kannte und gleichzeitig in irgendeiner Weise mit dem „Altfall“ verbunden sein muss. Die Geschichte kann Groth nicht einfach auf sich beruhen lassen…
Susanne Tägder hat zuvor schon mehrere ausgezeichnete Texte vorgelegt. „Das Schweigen des Wassers“ ist ihr Erstling als Krimi. Dieses Debut in einem für sie neuen Genre ist ihr hervorragend gelungen. Atmosphärisch dicht erzählt ihr Werk von den Zeiten des Umbruchs, von Entwurzelung und den großen Unsicherheiten in den Jahren der deutschen Wiedervereinigung. Der Fall, der teilweise auf realen Ereignissen beruht, und seine Facetten erscheinen nach und nach vor unserem inneren Auge. Aus einzelnen Beobachtungen entstehen Bilder, in denen es aber auch bewusst bleibende Leerstellen gibt. Dieser Krimi wird sie in seiner Vielschichtigkeit, seinen Erzählsträngen und den Lebensgeschichten der agierenden Personen immer mehr einnehmen und fesseln. Der beste Krimi der letzten Zeit, und eine Geschichte, die uns berührt.
Martin Schick

Susanne Tägder
„Das Schweigen des Wassers“

Kriminalroman
Tropen Verlag 2024
341 Seiten
17,- Euro

Ein Briefwechsel der besonderen Art
Gerade habe ich einen Briefwechsel zwischen Vanessa Vu und Ahmad Katlesh, ausgelesen. Bei Briefwechsel/Briefromanen kann ich nie wiederstehen und der Titel sprach ich auch geradezu an: „Komm dahin, wo es still ist“. Vanessa Vu ist eine Journalistin, die 1991 in Eggenfelden geboren und in einem Asylbewerberheim in Pfarrkirchen aufgewachsen ist, weil ihre Eltern aus Vietnam nach Deutschland geflohen sind. Mit Ahmad Katlesh, einem 1988 in Damaskus geborenen Lyriker, geht sie eine Beziehung ein, die durch ihrer beider Ver-gangenheit keiner „normalen“ Beziehung gleicht. Als Menschen der Worte schreiben sie einander Briefe, um sich besser kennenzulernen, unsagbares aus-zudrücken, aber auch Abstand zwischen sich und ihren Erfahrungen, Geschichten zu bringen. Die Briefe hallen sehr lange in mir nach, gehen unter die Haut, wenn z. B. angedeutet wird, warum Ahmad heftigen Regen kaum aushält, sich damit aber auseinandersetzen muss, weil es in Deutschland eben viel regnet. Unfreiwillig ironisch wird es als Vanessa erzählt, dass sie mit ihrer Einbürgerungsurkunde einen Regenschirm überreicht bekommen hat.

Sehr berührt hat mich der Schluss, in dem sich beide Gedanken über ihre Zukunft in Deutschland machen. Beide haben viel auf sich genommen, um in Deutschland anerkannt zu werden oder in Deutschland leben zu können. Doch die derzeitige Stimmung im Land lässt über eine weitere Flucht nachdenken.
Christine Naderer

Vanessa Vu, Ahmad Katlesh
„Komm dahin, wo es still ist“

Rowohlt Verlag
256 Seiten
22,- Euro

In den Weiten Afrikas
Hunter White, ein schwerreicher Immobilienhändler und Investmentbanker, hat seit Kindesbeinen die Jagdleidenschaft seines Vaters und Großvaters im Blut. Als erfahrener Großwildjäger reist Hunter nach Afrika, um sich und seiner Frau ein besonderes Geschenk zum Hochzeitstag zu machen. Denn endlich hat er die Erlaubnis seine „Big Five“ zu vervollständigen. Denn nach Elefant, Löwe, Schwarzbüffel und Leopard hat er nun endlich die Lizenz im Reservat einen alten Nashornbullen zu erlegen. Seine Frau erhält den Kopf als Jagdtrophäe, um ihre Wohnung damit zu dekorieren. Als es endlich soweit ist, kommen seiner Jagdgesellschaft Wilderer zuvor. Enttäuscht zieht sich Hunter während der Ermittlungen in die Lodge zurück, bis ihn ein besonderes Angebot näher gebracht wird: Big Six.
Schoeters Sprache zieht einen sofort in die Weite und Hitze Afrikas. Sie macht die Anspannung von Jäger und Beute erlebbar. Wie Hemingway, dessen Jagdschilderungen ab und an einfließen, lebt Hunter seine Obsession in vollen Zügen aus. Er möchte seiner Beute kurz vor dem Ziehen des Abzugs in die Augen sehen, sich ebenfalls einer Gefahr aussetzen, kein „Fast-Food-Hunting“ angefütterter Tiere aus dem Jeep heraus erleben. Dennoch nimmt er Afrika als eine Art Vergnügungspark wahr. Die Argumente der Naturschützer werden im kapitalistischen postkolonialen Sinne mit dem Nutzen aus den teuer erkauften Lizenzen für die Parkverwaltung und die indigenen Stämme, denen man sich weiterhin überlegen fühlt, am nächtlichen Lagerfeuer wegdiskutiert. Alles scheint käuflich, dabei moralisch vertreterbar – auch ein Big Six? Ein überraschender, obskurer und bis zur letzten Seite spannender Roman, den man als Aufforderung lesen kann über eigene Denkmuster nachzudenken.
Christine Naderer

Gaea Schoeters
„Trophäe“

Paul Zsolnay Verlag
256 Seiten
24,- Euro

Was macht eine Frau zu Mörderin?
Die Frau mit norwegischen Wurzeln, die zur ersten Serienmörderin in den USA wurde, gab es wirklich. Belle Guness heißt die Mörderin wie auch die Protagonistin von Victoria Kielland Roman „Meine Männer“, eine Frau, die 1881 nach Amerika auswanderte und vermutlich 1908 starb. Wie traumatisch müssen die Bedingungen für sie auf einem Bauernhof in Norwegen gewesen sein, als sie sich als Magd in den Hoferben unsterblich verliebte und aufs bitterste enttäuscht wurde. Kielland hat aus dieser mörderischen Geschichte einen aufregenden Roman gemacht. Die norwegische Theaterwissenschaftlerin hat aber aus der Serienmörderin keine schaurige Fallstudie oder gar einen Horrorthriller entwickelt, sie hat sich mehr für die Psyche, das Innenleben ihrer Protagonistin interessiert und so ist ein völlig unkonventioneller Roman entstanden. Hinter dem Titel „Meine Männer“ verbergen sich mehr als zwei Dutzend Morde, die ihre Erklärung in der traumatischen Erfahrung in der harten, gewaltsamen Zeit in Norwegen finden. Die Opfer mussten dafür einstehen, was ihr ein Mann angetan hat…
Thomas Mahr

Victoria Kielland
„Meine Männer“

Tropen Verlag
192 Seiten
22,- Euro

Ein sterbendes Dorf
Wenn man als Tourist heute durch die Haute-Provence fährt, ahnt man kaum noch etwas von der Armut, die dort vor 100 Jahren herrschte. Die Dörfer kämpften mit den Naturgewalten und ein Fluss, wie die provenzalische Asse, bedeutet zugleich Segen und Fluch. In einem alten Bergdorf im Roman von Maria Borrély brennt nur noch ein Feuer, soll heißen, es lebt dort oben nur noch die sture, alte Pélagie mit ihrer Enkelin Berthe, einer Ziege und einer Handvoll Hühner. Sie weigert sich ins neue Dorf, ins fruchtbare Tal flussabwärts zu ziehen, misstraut dem Schutz eines neuen Hochwasserdamms und sie sollte recht behalten.
Geschrieben hat diesen kleinen, aber ungemein intensiven Roman „Das letzte Feuer“ Maria Borrély, so bilderreich wie die beschriebene Natur. Die 1890 in Marseille geborene Schriftstellerin gehörte zum Dichterkreis um Jean Giono. Ihre Bücher sind eine Liebeserklärung an die karge Landschaft der Haute-Provence, aber auch ein Dokument über den Wandel der Zeit, wie die Moderne versucht, die Natur zu besiegen und daran scheitert.
Thomas Mahr

Maria Borrély
„Das letzte Feuer“

Kanon
128 Seiten
20,- Euro

Vom Glück, einen echten Freund zu haben
Das Leben des kleinen Jimmy dreht sich um eine Sammelleidenschaft: Flippos, in Chipstüten versteckte Sammelfotos. Seine Sammlung ist ernsthaft angelegt, vorbildlich strukturiert und ehrlich erworben, ohne Tauschbörsen oder sonstige Abkürzungen. Als in seine Grundschulklasse Tristan, ein Kind einer zehnköpfigen aus dem Kosovo geflohenen Familie, eintritt, ändert sich Jimmys Leben. Endlich hat er einen Freund, dem er mit großem Einfallsreichtum und Sorgfalt die niederländische Sprache und den Schulstoff näherbringt. Durch Tristans Familienleben ahnt Jimmy, warum nicht alle Menschen die Flippo-Sammelleidenschaft so wichtig nehmen; er fühlt sich gebraucht und etwas geborgen. Doch dann kommt der Ausweisungsbescheid für die Familie. Die Kinder schmieden einen folgenschweren Plan.
Mit wenigen Worten schwört Lize Spit eine Szenerie herauf, die den Leser sofort gefangen nimmt. Die Geschichte, welche durch eine ähnliche Familie und deren drohenden Abschiebung aus Belgien inspiriert wurde, berührt und hallt lange nach.
Christine Naderer

Lize Spit
„Der ehrliche Finder“

S. Fischer Verlag
128 Seiten
18,- Euro

Wie bleiben oder werden wir zuversichtlich in diesen fragilen Zeiten?
In einem Brief an ihre fast erwachsenen Enkel erklärt Gabriele von Arnim was ihr persönlich Zuversicht bedeutet und wie wichtig sie sie in diesen bedrohlichen, düsteren Zeiten für die Menschen einschätzt. Sie erzählt woraus sie als ängstlicher, nicht an einen Gott glaubenden Menschen ihre Zuversicht nimmt: Vogelgezwitscher am Morgen, Malerei, Literatur, Wolkenformationen, im Café sitzen und Eis essen und, und, und. Parallel dazu spricht sie mit Freunden und Bekannten zu deren Haltung zum Thema Hoffnung, Zuversicht und Sinnhaftigkeit in diesen Zeiten. Ebenso taucht sie immer wieder in die ihr wichtigen Bücher ein, zitiert kurze Gedanken und rezitiert Gedichte. Gibt ihren Enkeln Tipps, welche Bücher sie vielleicht irgendwann lesen sollten, um die Großmutter besser zu verstehen. Und so schließt der Brief an die Enkel mit einem Zitat von Albert Camus – …“das muss jetzt sein:

„In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich,
dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt.“
Seid in dem Sinne sehr sommerlich umarmt!“

Ein schmales Büchlein von 70 Seiten, das ich persönlich noch sehr oft zur Hand nehmen, aber vor allem verschenken werde. Denn die Kunst der ZUVERSICHT muss wieder entdeckt und geübt werden.
Christine Naderer

Gabriele von Arnim
„Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht“

Kjona Verlag München
80 Seiten
18,- Euro

Was bleibt, wenn einem der Vater durch die Finger rieselt?
Eine Tochter kämpft für und mit ihrem Vater gegen seinen „bösen Kumpel“, der sich in seiner Lunge breit gemacht hat. Schonungslos schildert die Tochter die Realität eines Krankhausaufenthaltes als türkischer Gastarbeiter der ersten Generation in Deutschland. In manchen Stunden wünscht sie sich nichts sehnlicher als einen Samowar auf dem Krankenausgang, um ein paar Minuten, ein Tulpenglas lang, mit dem Duft von schwarzem Tee mit Bergamotte-Aroma das Gefühl von Fremdheit vertreiben zu können. Daneben meint man förmlich die Düfte der mitgebrachten, täglich selbst gekochten Speisen für den Vater, der nichts mehr isst, zu riechen. Um der Sprachlosigkeit, die sich Angesicht der Unfassbarkeit der Krankheit und des nahenden Todes ausgebreitet hat, etwas entgegen zu setzen, erzählt der Vater Geschichten, die bereits seit Generationen in ihrer Familie erzählt werden. Mely Kiyak schafft ein Mut machendes Buch für alle Angehörigen, die einen lieben Menschen auf einem schweren Weg begleiten.
Christine Naderer

Mely Kiyak
„Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an“

Hanser Verlag
224 Seiten
23,- Euro

Eine kulinarische Herausforderung
Stellen sie sich vor: Sie leben schon seit Jahren in Italien, sind mit einer Italienerin verheiratet, werden von ihrer gesamten Familie wunderbar aufgenommen und doch misstrauen fast alle Familienmitglieder ihren Kochkünsten. Stefan Maiwald, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Grado, umgeben von einer herrlichen Lagune, lebt, ist es genau so ergangen. So beschließt er: Alle haben ihn herausgefordert, und nun wird er es ihnen an seinem Geburtstag zeigen. Er wird sie mit ihren Lieblingsgerichten aus dem Veneto und dem Friaul bekochen und endlich überzeugen!
Dazu sucht er für die geplanten Speisen und Getränke die besten Köchinnen und Köche sowie Erzeuger zwischen Conegliano im Valdobbiadene, wo der Prosecco herkommt, über Venedig bis nach Triest auf. Er erzählt in lockerem, humorvollen Ton über seine Begegnungen, Erfahrungen und Geschmackserlebnisse auf dem Weg. Nebenbei werden immer wieder typische Rezepte der beiden Regionen mit eingeflochten. Das Buch erinnert vom Inhalt und Erzählstil betrachtet öfters an „Maria, ihm schmeckt`s nicht!“ von Jan Weiler, ist dabei aber fundierter geschrieben. Stefan Maiwald hat sich wirklich auf die italienische Lebensweise eingelassen. Lesen sie dieses sehr vergnügliche Werk, das so schöne Geschichten aus dem Leben erzählt, doch Achtung – das Lesen dieses Buches kann jederzeit zu akutem Hunger und Kochattacken führen!
Martin Schick

Stefan Maiwald
„Die Spaghetti-vongole-Tagebücher“

Styria-Verlag Wien-Graz 2024
198 Seiten
25,- Euro

Ein magisches Abenteuer in einer Stadt voller Bücher
Schon seit sie denken kann lebt Sepia in einem Waisenhaus. Doch das ändert sich, als sie einen geheimnisvollen Brief erhält, in dem sie eingeladen wird nach Flohall, in die Stadt der Bücher, zu kommen, um dort von einem der drei großen Meister die Kunst des Buchdruckes zu erlernen. Sepia nimmt die Einladung gerne an, und fühlt sich schnell wohl in ihrem neuen Zuhause, in dem sie immer von raschelndem Papier und dem Geruch von Tinte umgeben ist. Bald findet sie in Niki, der Tochter der Malermeisterin, und Sanzio, dem Lehrling des Buchbindermeisters treue Freunde. Alles könnte perfekt sein, gingen in Flohall nicht seltsame Dinge vor sich: düstere Gestalten schleichen umher, ein kleiner Bleibuchstabe macht sich selbstständig, und dann verschwinden die drei Meister. Sepia und ihre Freunde ahnen, dass das etwas mit dem Tintenkrieg zu tun haben muss, der vor einigen Jahren in der Stadt herrschte, und mit einem dunklen Alchemisten, den alle längst für besiegt hielten. So beginnt das Abenteuer um die Rettung der Stadt…
Alena Bruckmann

Theresa Bell
„Sepia und das Erwachen der Tintenmagie“

ab 10 Jahre
Thienemann Verlag
384 Seiten
17,- Euro

Was ist eine „normale“ Familie?
Ottilie freut sich. Endlich zieht im Nachbarhaus eine Familie ein. Sie hat sogar drei Kinder, einen Opa und einen … nein, keinen Hund, einen Wischmopp! Obwohl die Grauses auf den ersten Blick wirken wie jede andere Familie, fallen Ottilie bei genauerem hinschauen die kleinen Hörner auf dem Kopf ihres neuen Freundes Muh auf. Und seine Schwester Wolfi hat ziemlich spitze Zähnchen. Am auffälligsten benimmt sich jedoch Opa Grause. Er ist ein Schrat, und da er in der Schule für andersartige Wesen nicht besonders gut aufgepasst hat, sticht er in der Welt der Normalos nun ziemlich hinaus. Doch jeder geleistete Fehltritt wird mit einem dunkelgrauen Punkt auf einer hellgrauen Liste vermerkt. Bei zu vielen Punkten ist die ganze Familie in Gefahr! Aber kann man einen Opa einfach zurückgeben, wenn er sich nicht benehmen kann? Für Ottilie und ihre neuen Freunde ist klar: Eine Familie ist eine Familie. Ganz egal, wie seltsam sie wirken mag.
Alena Bruckmann

Sabine Bohlmann
„Willkommen bei den Grauses – Wer ist schon normal?“

ab 9 Jahre
Planet! Verlag
192 Seiten
14,- Euro


Etwas drängelte im Hintergrund die Fahrt zur Leipziger Buchmesse, deshalb erst jetzt die Eindrücke unseres 53. Quartetts und vor allem noch ganz schnell die Liste der vorgestellten Bücher. Und es gab ein Debüt – unsere Auszubildende Alena Bruckmann hat souverän und mit viel Esprit den Jugendbuchtipp vorgestellt „Sepia und das Erwachen der Tintenmagie“! Nicht nur wir hatten Freude unsere gefundenen Schätze unserer treuen Leserschaft vorzustellen, die Buchhandlung war gefüllt bis auf den letzten Platz. Schön, dass immer alle so eng zusammenrücken, um Überraschungsgästen noch Platz zu machen. Lange noch in Gespräche vertieft, beim Stöbern so manches Buch entdeckt, haben viele Bücher die Buchhandlung verlassen. So lieben wir das!

Hier finden Sie die Titel der Bücher, die in unserem 53. Literarischen Quartett besprochen wurden:

Alexandra Blöchl
„Was das Meer verspricht“

DTV
280 Seiten
22.-- Euro

Karen Köhler
„Himmelwärts“

Hanser
192 Seiten
19.-- Euro



Ann Napolitano
„Hallo, du Schöne“

DuMont Buchverlag Gruppe
512 Seiten
25.-- Euro

Barbara Kingsolver
„Demon Copperhead“

DTV
864 Seiten
26.-- Euro



Eva Ibbotson
„Was der Morgen bringt.“

Kampa Verlag
464 Seiten
24.-- Euro

Katrin de Vries
„Ein Garten offenbart sich“

DTV
240 Seiten
24.-- Euro



Irene Vallejo
„Elyssa, Königin von Karthago“

Diogenes
320 Seiten
25.-- Euro

Isabelle Autissier
„Acqua alta“

mareverlag
208 Seiten
23.-- Euro



Theresa Bell
„Sepia 1: Sepia und das Erwachen der Tintenmagie“
Thienemann in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
384 Seiten
17.-- Euro

Dorothee Riese
„Wir sind hier für die Stille“

Berlin Verlag
240 Seiten
22.-- Euro



Stefanie Gerhold
„Das Lächeln der Königin“

Kiepenheuer & Witsch
288 Seiten
23.-- Euro

Sabine Böhne-Di Leo
„Die Erfindung der Bundesrepublik“

Kiepenheuer & Witsch
244 Seiten
23.-- Euro



Bernd Brunner
„Unterwegs ins Morgenland“

Kiepenheuer & Witsch
320 Seiten
28.-- Euro

Tom Saller
„Ich bin Anna“

Kanon, Berlin
260 Seiten
24.-- Euro



Heino Falcke
„Kekskrümel im All“

Wie groß ist die Unendlichkeit?
Fischer, Sauerländer
96 Seiten, 57 farbige Abbildungen
19,90 Euro

Pamela Sharon
„Der Duft von Grün“

Freies Geistesleben
236 Seiten
20.-- Euro

Was passiert, wenn ein „altes Fass“ geöffnet wird?
Der erste Kriminalroman „Das Schweigen des Wassers“ von Susanne Tägder spielt in einem Ort tief in mecklenburgischer Provinz wenige Jahre nach dem Fall des „eisernen Vorhangs“. Hauptkommissar Groth kommt aus Hamburg in die Kleinstadt Wechtershagen, er soll dort als „Aufbauhelfer Ost“ wirken, wie es oft in der Zeit nach dem Mauerfall üblich war. Die Zusammenarbeit mit den teilweise schon Jahrzehnte im Dienst stehenden ehemaligen Volkspolizisten ist nicht immer einfach. Zusätzlich ist Groth auch noch in der Fortbildung der „Ost-Kollegen“ tätig, er ist für das „Modul Vernehmungslehre“ zuständig. Entsprechend ist für ihn Sorge um die Zukunft und Wut bei den ehemaligen Vopos spürbar, anfangs ist die Zusammenarbeit auf das Notwendigste beschränkt.
Doch eines Tages taucht ein Mann barfuß bei Groth auf und bittet um Hilfe, er sagt: „Jemand ist hinter mir her“. Weiter will er sich vorerst nicht über die Art der Bedrohung äußern, doch er ist zu einem Treffen in der kommenden Woche bereit, um konkret die Gefahr zu benennen. Bevor es so weit kommt, ist der Mann – tot. Ertrunken in einem See, wo er doch als Bootsverleiher ein sehr guter Schwimmer gewesen war. Weitere Ungereimtheiten kommen dazu, und irgendwann wird klar: Das Ganze hat wohl etwas mit einem „Altfall“ vor einem Jahrzehnt zu tun. Bei seinen Kollegen beißt Groth auf Granit: Ein „Altfall“ wird nicht wieder aufgerollt, dass Fass ist zu, und alte Fässer soll man zulassen.
Nun kommt aber noch eine Frau ins Spiel: Regine Schadow, die den Barfüßigen gut kannte und gleichzeitig in irgendeiner Weise mit dem „Altfall“ verbunden sein muss. Diesen Fall kann Groth nicht einfach auf sich beruhen lassen…
Susanne Tägder hat zuvor schon mehrere ausgezeichnete Texte vorgelegt. „Das Schweigen des Wassers“ ist ihr Erstling als Krimi. Dieses Debut in einem für sie neuen Genre ist ihr hervorragend gelungen. Atmosphärisch dicht erzählt ihr Werk von den Zeiten des Umbruchs, von Entwurzelung und den großen Unsicherheiten in den Jahren der deutschen Wiedervereinigung. Der Fall, der teilweise auf realen Ereignissen beruht, und seine Facetten erscheinen nach und nach vor unserem inneren Auge. Aus einzelnen Beobachtungen entstehen Bilder, in denen es aber auch bewusst bleibende Leerstellen gibt. Dieser Krimi wird sie in seiner Vielschichtigkeit, seinen Erzählsträngen und den Lebensgeschichten der agierenden Personen immer mehr einnehmen und fesseln. Der beste Krimi der letzten Zeit, und eine Geschichte, die uns berührt.
Martin Schick

Susanne Tägder
„Das Schweigen des Wassers“

341 Seiten
Tropen-Verlag 2024
17,- Euro

Reise in eine unbekannte Welt direkt vor der Haustüre
Waren sie schon einmal in einer Gegend namens Neun-Drei? Gemeint ist das französische Département Seine-Saint-Denis, das sich in der Pariser Banlieue befindet, also jenem Vorortgürtel, der jenseits des Autobahnrings um Paris liegt. Die Autorin Anne Weber und ihr Freund, der im Buch Thierry genannt wird, betreten wandernd diese fernen Welten in unmittelbarer Nähe der „Stadt der Liebe“ Paris. Anlass dazu ist vordergründig die Suche nach Drehorten für einen Dokumentarfilm. Doch letztlich geht es darum, dieses so völlig andere Frankreich zu erkunden: Eine Welt der Wohnmaschinen und Wohnmonster, der Müllberge und der Menschen, die zwischen diesen leben (müssen). Thierry, der Begleiter der Autorin auf den ausgedehnten Streifzügen, hat einen aus Algerien stammenden Vater und eine französischstämmige Mutter. Der Vater leugnete aber immer seine algerische Herkunft und versuchte, so französisch wie nur irgend möglich zu wirken. Die beiden Wandernden schließen an die große Tradition der Pariser Flaneure an, erkunden dabei aber „Terra incognita“ für die meisten Franzosen. Aufgelockert wird das Ganze zusätzlich durch fiktive Dialoge wie kurze Theaterszenen, in denen beide das Gesehene verarbeiten und sich überlegen, wie wohl ihre Pariser Freunde das Ganze kommentieren würden.
Eine bindende Klammer für das ausgezeichnete Buch ist ein immer wiederkehrender Besuch in einem Café in der Banlieue, das nach und nach zu einem Stück Zuhause wird. Es ist ein Zufluchtsort für alle, die in dieser Umgebung aus abgehalfterten Wohnblocks und Sperrmüll leben müssen, und gleichzeitig erstaunlicherweise ein Platz, an dem Menschen algerischer Herkunft, Franzosen, die im Algerienkrieg gekämpft haben und weitere Nationalitäten zusammen an der Theke stehen und reden können. Was für ein großartiges, zum Nachdenken anregendes und zugleich auch absurderweise kurzweiliges Buch, das uns nicht unberührt lässt. Ein ganz anderer Blick auf Frankreich jenseits aller Klischees und ein außergewöhnliches Wandertagebuch – Danke, dass ich dieses Buch lesen durfte!
Martin Schick

Anne Weber
„Bannmeilen “

Ein Roman in Streifzügen
301 Seiten
Matthes und Seitz Berlin 2024
25,- Euro

Das absolute Besitzrecht der weißen Herren über die schwarzen Sklaven…
… so das britische Gesetz von 1711, das die Sklaverei und den Menschenhandel legitimierte. Schon damals sind in einem Meer unzählige Menschen ertrunken. Allerdings waren sie schon tot, weil sie die unmenschlichen Bedingungen der Überfahrt von Kontinent zu Kontinent nicht überlebten. Es waren 14 Millionen Menschen, die aus Afrika verschleppt, teilweise von ihren eigenen Landsleuten an die Küste gebracht, wo die weißen Händler mit ihren Schiffen warteten.
Der amerikanische Historiker Marcus Rediker hat ein großartiges, ein wichtiges Werk geschrieben. Endlich ist eine deutsche Übersetzung des Buches erschienen, das dokumentiert, wie menschenunwürdig der Sklavenhandel war. Es zeigt aber auch, dass es von Anfang an Menschen gab, die vehement für die Abschaffung der Sklaverei eintraten. Es dauerte aber bis zu deren Ende in den USA bis 1865. Viel zum Verbot hat das Buch „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher Stowe beigetragen. Doch die Abschaffung sollte den Amerikanischen Bürgerkrieg auslösen und die Diskriminierung der Schwarzen US-Bürger fand damit noch lang kein Ende. Marcus Rediker hat mit seinem Buch ein Standardwerk über eines der erschütterndsten Kapitel der Menschheitsgeschichte geschrieben.
Thomas Mahr

Marcus Rediker
„Das Sklavenschiff“

Eine Menschheitsgeschichte
448 Seiten
Verlag Assoziation A
24,- Euro

Niederlande zu Gast auf der Leipziger Buchmesse
„Antoinette“ heißt der kleine Roman des holländischen Autors Robbert Welagen. Mondäner Schauplatz der Handlung, die nur einen einzigen Tag umfasst, ist eines der berühmten Thermalbäder in Budapest. Die Geschichte selbst ist aber in einem schlichten Erzählton geschrieben. Ein Mann wartet auf seine ehemalige Frau. Es wird aber schnell klar, dass diese nicht kommen wird. Es ist Jahre her, seit die Beziehung der beiden gescheitert ist. Der nicht zu erfüllende Kinderwunsch der beiden entzweit das Paar, das anfängliche Glück zerbricht. Obwohl der Roman einem präzisen Bericht gleichkommt, schwingt doch viel Wehmut und Melancholie mit. Die Gedankengänge des Erzählers sind für den Leser so gut nachvollziehbar und so wir er für den Protagonisten eingenommen.
Thomas Mahr

Robbert Welagen
„Antoinette“

148 Seiten
Verlag Freies Geistesleben
20,- Euro

Haben sie nicht irgendwas Lustiges?
Eine Frage, die uns in letzter Zeit immer häufiger gestellt wird. Ja, haben wir. Zum Beispiel der Roman des spanischen Autors Isaac Rosa mit dem Titel „Ein sicherer Ort“. Einen solchen zu finden, ist ein großer Wunsch in gefährlichen Zeiten. Manches Mal bleibt einem bei diesem Buch auch das Lachen im Halse stecken angesichts der weltpolitischen Lage. Der Ich-Erzähler im Buch weiß Rat. Er verkauft Bunker für das kleine Geld des Mittelstands, geht dafür von Haus zu Haus und erlebt die skurrilsten Geschichten. Messerscharfe Satire, urkomisch porträtiert Isaac Rosa eine Gesellschaft, die unter dem Motto lebt: „rette sich wer kann“
Thomas Mahr

Isaac Rosa
„Ein sicherer Ort“

320 Seiten
Liebeskind Verlag
24,- Euro

In der Buchhandlung Mahr erhältlich!

Lustig und listig
Alte Röhrenbildschirme finden sich fast nur noch im Sperrmüll, das allabendliche Fernsehprogramm, das Jahrzehnte lang hintereinander genossen wird, ist zum Auslaufmodell geworden. Allerhöchste Zeit, gemeinsam mit Jochen Schmidt fernzusehen. Seine meist humorvollen Kolumnen stellen eine außergewöhnliche Kulturgeschichte unserer Fernsehrepublik dar. Die kleinen Fundstücke treiben ganz schön Schabernack mit den eigenen Fernsehgewohnheiten, wenn man bei „Bares für Rares“ einfach nicht umschalten kann.
Wie werden wir leben ohne den Tatort, die Samstagabend-Quizshow und den täglichen Nachrichten, wenn die Sendezeit nicht mehr vorgeschrieben ist? Lesen sie Jochen Schmidt, der Schriftsteller hat ein kluges Buch geschrieben und ein witziges Porträt unserer Gesellschaft.
Thomas Mahr

Jochen Schmidt
„Zu Hause an den Bildschirmen“

Schmidt sieht fern
287 Seiten
Beck Verlag
24,- Euro<

Die 80er – zurzeit das meistgefeierte Jahrzehnt
Die amerikanische Filmemacherin und Autorin Tamar Halpern räumt ganz schön auf mit dem Klischee, dass damals die Welt noch in Ordnung war. Mit „California Girl“ beschreibt sie eine 14jährige, die hin- und hergerissen wird zwischen Hippie-Mutter und Professoren-Vater. Die „freie Liebe“ hat die Eltern auseinandergerissen. Die Lügen der Erwachsenen und deren Dekadenz kann das Mädchen nur mit Marihuana und dem Soundtrack jener Jahre ertragen. Sie probiert Outfits, Identitäten und Drogen bis sie der Wahrheit näherkommt und das hipe Leben im Fernando Valley entzaubert.
Thomas Mahr

Tamar Halpern
„California Girl“

304 Seiten
Diogenes Verlag
23,- Euro


Nun kann das Weihnachtsgeschäft kommen!
Wir sind gerüstet. Wieder einmal war die Buchhandlung voll besetzt mit neugierigen Leserinnen und Lesern, die wissen wollten, was wir so entdeckt haben. Roman, Sachbuch, Vorlese- und Weihnachtsbuch waren bei den Lesetipps dabei. Und wir haben die Vermutung, dass so mancher Besucher mit seinen Schätzen zuhause angekommen, noch nicht so schnell ins Bett fand, weil er oder sie erstmal selbst rein- und weiterlesen wollte…

An den kommenden Adventssamstagen haben wir bis 16 Uhr geöffnet und noch jede Menge Geschenk-Ideen für sie bereit. Und wir freuen uns sehr auf Ihren Besuch!

Hier finden Sie die Titel der Bücher, die in unserem 52. Literarischen Quartett besprochen wurden:

Uwe Timm
„Alle meine Geister“

Kiepenheuer & Witsch
288 Seiten
25.-- Euro

Alhierd Bacharevič
„Das letzte Buch von Herrn A.“

EditionFotoTapeta
464 Seiten
25.-- Euro



Lina Nordquist
„Mein Herz ist eine Krähe“

Diogenes
464 Seiten
25.-- Euro

Marianne Philips
„Hochzeit in Wien“

Urachhaus
248 Seiten
24.-- Euro



Alida Bremer
„Tesla oder die Vollendung der Kreise“

Jung und Jung
368 Seiten
25.-- Euro

Konstantin Ferstl
„Die blaue Grenze“

Rowohlt, Berlin
400 Seiten
24.-- Euro



Heather Marshall
„Frag nach Jane“

Arche Verla
432 Seiten
24.-- Euro

Wolf Haas
„Eigentum“

Hanser
160 Seiten
22.-- Euro



Edi Matic
„Abtrünniger vor Inselpanorama“
Edition CONVERSO
256 Seiten
24.-- Euro

Ivica Prtenjaĉa
„Der Berg“

Folio, Wien
168 Seiten
22.-- Euro



Max Richard Leßmann
„Sylter Welle“

Kiepenheuer & Witsch
224 Seiten
22.-- Euro

Simon Sebag Montefiore
„Die Welt“

1536 Seiten
Klett-Cotta
49.-- Euro



Florian Illies
„Zauber der Stille“

S. Fischer Verlag GmbH
256 Seiten
25.-- Euro

Alex Rühle
„Europa - wo bist du?“

DTV
416 Seiten
25.-- Euro



Paolo Rumiz
„Europa. Ein Gesang“

Folio, Wien
232 Seiten
25.-- Euro

Alex Rühle
„Zippel macht Zirkus“

DTV
144 Seiten
16.-- Euro



Kathrin Wolf
„In einem alten Haus in Berlin“

Gerstenberg Verlag
64 Seiten
28.-- Euro

Emma Thompson
„Jims brillante Weihnachten“

Beltz
80 Seiten
17.-- Euro


Selbstporträt als Märtyrerin (um 1615)

Eine künstlerische Ausnahmeerscheinung
Ist ihnen der Name Artemisia Gentileschi schon einmal begegnet? Wenn sie in Madrid, London, Florenz, Rom oder New York in den großen Kunstsammlungen waren, haben sie dort schon sicher Werke dieser großartigen Malerin gesehen. Aufgewachsen in einer Malerfamilie starb ihre Mutter schon früh, und sie wuchs bei ihrem Vater mit mehreren Brüdern auf. Artemisia zeigte frühzeitig ein besonderes Talent für die Malerei, und so arbeitete sie spätestens mit 14 Jahren in der Werkstatt ihres Vaters mit. Ihre Kunst ist von seinen Werken, von den Meisterwerken Caravaggios und der römischen Malerei ihrer Zeit beeinflusst. So signiert sie 1610 erstmals ein Werk, und die Karriere einer großen Künstlerin, die zu den Besten ihrer Zeit gehört, beginnt. Die Kunsthistorikerin Susanna Partsch nimmt uns mit in die Zeit Anfang des 17. Jahrhunderts, in die großen Städte Rom, Florenz, Venedig, Neapel und London, in denen Artemisia Gentileschi im Verlauf ihres Lebens tätig war. Für diese Biografie hat die Autorin sehr sorgfältig recherchiert; sie hat die Prozessakten eines Vergewaltigungsprozesses von Gentileschi und ihrem Vater gegen einen Malerkollegen ebenso wie die vielen Briefwechsel, die von Gentileschi erhalten sind, mit einbezogen. Dabei ist es ihr hoch anzurechnen, dass sie die künstlerische Meisterschaft und den Erfolg Gentileschis in ihrer Zeit in den Mittelpunkt stellt. Die spätere, männlich dominierte Kunstgeschichtsschreibung hatte Artemisia Gentileschi bis zu ihrer „Wiederentdeckung“ vor ungefähr 40 Jahren sträflich vernachlässigt. Gleichzeitig wurde die Malerin als rebellische, für ihre Rechte kämpfende Frau, die das Trauma der Vergewaltigung in ihren Bildern verarbeitet habe, von der Emanzipationsbewegung vereinnahmt. Susanna Partsch gelingt es, ein genaues Porträt dieser außergewöhnlichen Künstlerin zu entwerfen – einer Frau, die tatsächlich in ihrer Zeit erhebliche Benachteiligungen erfahren musste, die aber gleichzeitig für Könige und Königinnen oder wichtige Adelsfamilien wie die Medici arbeitete. In London war sie als Hofmalerin tätig, obwohl sich van Dyck und Rubens zeitgleich in der Stadt befanden. Sie stand in regem Austausch mit Galileo Galilei oder Michelangelo Buonarroti dem Jüngeren. Die hohe Wertschätzung, die sie in ihrer Lebenszeit erfuhr, zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass sie teilweise besser bezahlt wurde als der damals wichtigste Maler in Neapel.
Lassen sie sich durch diese auch sehr gut mit Bildern versehene und anschaulich geschriebene Biografie verführen, eine großartige Malerin kennenzulernen und das Leben in ihrer Zeit zu verstehen.
Martin Schick

Susanna Partsch
„Artemisia Gentileschi“

219 Seiten
Molden Verlag 2023
30,- Euro

Wie schwer es ist, einfach nur zu leben
Die Aufschieberitis, die Prokrastination, hat unseren Helden schwer erwischt. Sein Lebenswerk will sich nicht trotz vieler Ideen nach zehn Jahren so mir nichts dir nichts schreiben. „Mach einfach!“ so die Aufforderung seiner Lebensgefährtin Johanna, die ihn für ein halbes Jahr allein gelassen hat, um sich „mal auf sich zu konzentrieren“. Um sie zurückzugewinnen, soll in der Woche zwischen Weihnachten und Silvester endlich alles Liegengebliebene erledigt werden. Eine To-Do-Liste, die von Bett aufbauen für die Tochter (längst ausgezogen) über das Steuererklärung erstellen (Belege, die Erinnerungen hervorrufen) bis zum Regenrinne säubern (jetzt schneit es auch noch) reicht, ist schnell geschrieben. Schnell verfliegt auch diese eine Woche. Am 31.12. heißt es dann plötzlich alles zu erledigen, hinzukommend die Geschenke einzupacken und den Nudelsalat für den Silvesterabend zuzubereiten (aus Zutaten, die sich nicht wie erwartet im leeren Vorratsschrank befinden). Was unserem Alltagshelden dabei alles durch den Kopf geht in Sachen Leben, Liebe, Kinder, Altwerden und vielem mehr, und mit welchen Tricks er sich durch den Tag und an der Liste Haken für Haken abkämpft, beschreibt Nele Pollatschek intelligent und mit einem wundervollen Augenzwinkern. Nach der Lektüre packen wir es an: das Leben – JETZT!
Christine Naderer

Nele Pollatschek
„Kleine Probleme“

208 Seiten
Kiepenheuer & Witsch Verlag
23,- Euro

Wie die Zeit vergeht
Was unterscheidet ein Meisterwerk von einem guten historischen Roman? Historisch in allen Details korrekt, in wunderbarer, an die Zeit des späten 18. Jahrhunderts angelehnter Sprache verfasst und gleichzeitig fesselnd erzählt, das ist der neue Roman „Der eiserne Marquis“ von Thomas Willmann. Viele LeserInnen werden sich noch an den „Alpen-Western“ „Das finstere Tal“ vom gleichen Autor erinnern, ein Buch, das man ab einem bestimmten Punkt der Erzählung einfach nicht mehr zur Seite legen konnte, und das bald darauf ebenso kongenial verfilmt wurde. Es dauerte mehr als 10 Jahre, bis nun der nachfolgende Roman von Willmann erschienen ist – und das Warten hat sich gelohnt!
Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, dessen echter Name nie genannt wird, im Stile von späten Lebenserinnerungen. Aufgewachsen in strengen, einfachen, moralisch begrenzten Verhältnissen in der Provinz des Habsburgerreichs, kommt unser Protagonist durch Fürsprache in das große Wien. Dort erlernt er das Uhrmacherhandwerk und beginnt mit Experimenten, die Sprache und das Sprechen mechanisch umsetzen zu können, ja gar die Lebendigkeit des Sprechens zu imitieren. Was dann folgt, ist eine große, unmögliche Liebe, eine Flucht und Aufnahme im Heer des Preußenkönigs und schließlich ein neues, zweites Leben bei einem Marquis in Paris. Diesem Marquis rinnt regelrecht die Lebenszeit durch die Finger, und so machen sich er und unser Held auf die verzweifelte Suche danach, was das Leben ausmacht und wie die Vergänglichkeit des Seins aufgehalten werden kann. Leitmotive dieses außergewöhnlichen, herausragenden Buchs sind die Zeit in ihren Formen und Auswirkungen, dann das Leben und seine Vergänglichkeit und schließlich das Ego eines Menschen mitsamt dessen Begrenzungen, deren Überschreitung katastrophale Folgen haben kann.
Zu guter Letzt werden sie vielleicht fragen: Das klingt ja alles sehr reizvoll und unbedingt lesenswert, aber sind 920 Seiten nicht zu viel? Ich kann dazu nur sagen: Wer Thomas Willmann und seine Sprachliebe kennt, wird erkennen, dass dieses Buch nicht um ein Wort zu lange geraten ist!
Martin Schick

Thomas Willmann
„Der eiserne Marquis“

Verlagsbuchhandlung Liebeskind 2023
920 Seiten
36,- Euro

Das Leben könnte so schön sein…
Zur falschen Zeit am falschen Ort auch noch das Falsche gesehen, das wird für den kroatischen Personenschützer Jadran Grabarek zum lebensbedrohlichen Problem. Der Pfarrer aus Kindertagen empfiehlt ihm, sich eine Franziskanerkutte überzustreifen und auf einer kleinen Insel vor der dalmatinischen Küste als Mönch auf Erholung zu machen. Herrlich zu lesen, wie der Autor all die Originale auf der Insel beschreibt, den weltgewandten Pfarrer, die herzlichen Nonnen im kleinen Kloster, Kriegerwitwen, einen einstigen Kapitän und viele mehr in deren Lebenswelt der vermeintliche Mönch aufgenommen wird. Wie lange wird das Versteckspiel gut gehen und was passiert, wenn die „Außenwelt“ plötzlich Einzug hält auf der Insel? Der Wunsch, das ehemalige Schulhaus in ein Kulturzentrum zu verwandeln, zieht nicht nur Publikum auf die Insel, sondern auch Spekulanten, die das große Geschäft vermuten.
Ein so wunderbarer Sommerroman mit dem Duft der Insellandschaft, dem Spiel des Meeres mit dem Sonnenlicht, dem Geruch von Fischsuppe und dem unbeschwerten Espressogenuss im Café an der Hafenmole.
Thomas Mahr

Edi Matic
„Abtrünniger vor Inselpanorama“

256 Seiten
Verlag Edition CONVERSO br> 24,- Euro

Was von den letzten Tagen bleibt
Wolf Haas, der großartige Autor der „Brenner“-Krimis und von wunderbaren Romanen wie beispielsweise „Das Wetter vor 15 Jahren“, legt nun ein neues Werk vor. In diesem Buch geht es um die letzten Lebenstage seiner Mutter und sein Verhältnis zu ihr und ihrer Geschichte. Ausgangspunkt für ihn ist eine große Irritation: Seine Mutter, die sich, seit sich Haas erinnern kann, so äußerte, dass es ihr schlecht ginge, fordert ihn auf, ihre Eltern mit dem Handy anzurufen und ihnen zu sagen, dass es ihr gut gehe. Wieso will sie das gerade zu diesem Zeitpunkt? Dies nimmt Haas zum Anlass, sich mit dem Leben der Mutter auseinanderzusetzen, auch deshalb, weil er verstehen möchte, wie sich das auf sein Leben und Denken ausgewirkt hat. Seine Mutter, die immer nur ans „sparen, sparen, sparen“ dachte, weil sie doch von etwas Eigenem träumte, und wenn es nur eine klitzekleine Wohnung wäre. Doch wenn sie endlich das Geld für die Anzahlung vermeintlich beieinanderhatte, waren die Preise so stark gestiegen, dass das Geld wieder nicht reichte. So wächst Haas mit seiner Mutter in einer winzigen Wohnung für bedürftige Leute mit Blick auf den Friedhof auf, und das auch nur, weil seine Mutter einst einen Bettelbrief geschrieben hatte.
Dieses Buch ist wohl das persönlichste Werk von Wolf Haas. Er hat es in seiner eigenen, immer sofort erkennbaren Sprache geschrieben, ohne aber die gleichen Muster wie in den „Brenner“-Büchern zu verwenden. So ist eine anrührende und gleichzeitig lakonische Erzählung entstanden, die auf eine besondere Art und Weise das Leben und die Leistung der Mutter des Autors beleuchtet. Was macht also Wolf Haas, als seine Mutter ihn auffordert, bei ihren Eltern anzurufen und ihnen auszurichten, dass sie ihrem Vater einen Brennnesseltee gegen die Verkühlung mitbringen wird? Er verspricht ihr natürlich, dies zu tun.
Martin Schick

Wolf Haas
„Eigentum“

157 Seiten
Hanser-Verlag München 2023
22,- Euro

Verhängnisvoller Streit
Schon tagelang streift Matthis mit seiner Hündin Tara durch die sommerliche Wildnis Norwegens. Er sammelt Beeren, versucht sich im Fischfang, macht Feuer und schwimmt in einem der vielen Seen. Wie ist er hierhergekommen? Ihn plagen die Gedanken an den Streit mit den Eltern, die Worte, die er ihnen hinterhergerufen hat… Warum muss er immer alles kaputt machen mit seinem unbeherrschten Wesen? Wie soll er sich wieder zurück trauen, er vermisst seinen kleinen Bruder, seine Eltern, aber er schämt sich, weil er glaubt für den Unfall verantwortlich zu sein. Plötzlich taucht in dieser Wildnis ein geheimnisvolles Mädchen auf, das sich auskennt, das weiß, wie man Regenwürmer brät und auch sonst in der Wildnis zurechtkommt. Eine abenteuerliche Sommergeschichte über leise und laute Gefühle und das Leben in der Natur.
Angelika Mahr

Cornelia Franz
„Wildesland“

Illustration: Petra Baan
144 Seiten
ab 10 Jahre
Gerstenberg Verlag
15,- Euro

Wie man Knurrbären besiegt und Keksräuber fängt
Mit ihren neuen Vorlesegeschichten hat Madlen Ottenschläger, unsere Kinderbuchautorin aus Langenau, für mich ein neues Lieblingsvorlesebuch geschaffen! Hanna und ihr Papa sind ein witziges Duo, das man von der ersten Seiten an in sein Herz schließen muss. Hier lernt man nicht nur den Zwischenlaus kennen, nein, es gibt auch lehrreiche Rezepte, wie man den Knurrbären besiegt. Aber was ist ein Zwischenlaus? Zuerst war Ostern, dann kommt der Frühling, noch ein bisschen, dann folgt der Sommer und Hanna fährt mit ihrem Papa zum Zelten. Dann kommt lange nicht und noch länger nichts. Dann ist Nikolaus, und erst wenn der Nikolaus da war, hat Hanna Geburtstag. Dauert alles viel zuuuu lange! Hanna will aber jetzt sofort Geburtstag haben und brüllt so laut, dass Papa aus seinem Zimmer flitzt und sich die Ohren zuhält. MORGEN KOMMT DER ZWISCHENLAUS behauptet Hanna. Der Zwischenlaus kommt zwischen Ostern und Nikolaus, und das ist eben morgen. Gäste müssen eingeladen werden, Geschenke sollen her… Da hat Papa mit Hanna einiges zu tun. Und immer wieder gilt es den Knurrbären zu besiegen, so heißt nämlich Hannas schlechte Laune. Knurrt der Knurrbär rabiat, gibt es Nudeln mit Spinat!
Angelika Mahr

Madlen Ottenschläger
„Wie man Knurrbären besiegt und Keksräuber fängt“

Vorlesegeschichten von Hanna und Papa
Illustration: Mareikje Vogler
Ab 4 Jahre
112 Seiten
Esslinger Verlag
13,- Euro

Die Karriere eines Feindbilds
Der Begriff des „Antimuslimischen Rassismus“ findet seinen Weg in die Medien und nach und nach wissen immer mehr Menschen damit etwas anzufangen. Dennoch: Meist wird die Tatsache, dass in unserer Gesellschaft das „Feindbild Islam“ existiert, abgetan und sogar mit dem Wunsch „eine Extrawurst“ erhalten zu wollen versehen. Der Ruf nach einer Leitkultur, ausgeschmückte Horrorgeschichten von vermeintlich übergriffigen südländischen Männern und die Diskriminierung Kopftuch tragender Frauen sprechen Bände. Der Politikwissenschaftler und Lyriker Ozan Zakariya Keskinkılıç weiß dazu aus seinen persönlichen Erfahrungen, aber vor allem aufgrund seines Arbeits- und Forschungsfeldes, einiges zu berichten. In seinem Buch geht er nicht nur auf aktuellen Alltagsrassismus ein, sondert zeichnen einen historischen Weg, der seinen Ursprung in der Kolonialzeit hat und bis heute wirkt. Er entkräftet dabei Parolen Besorgter Bürger*innen mit fundierten Argumenten und Fakten; erörtert, ob die deutsche Gesellschaft wirklich so fortschrittlich, queerfreundlich und feministisch ist, wie sie vorgibt und nimmt die Lesenden mit auf einen Exkurs in eine muslimische Welt mit unterschiedlichen Facetten. Dabei darf auch die Lyrik, die man hier in ihrer Schönheit auf vielen Seiten findet, nicht zu kurz kommen. Ein wunderbares, erhellendes und so wichtiges Buch.
Saskia Jürgens

Ozan Zakariya Keskinkılıç
„Muslimaniac“

300 Seiten
Verbrecher Verlag
20,- Euro<

Warum hat sie sich nicht einfach gewehrt?
Die Protagonistin mit dem geheimen Namen wächst in Frankfurt-Sindlingen am Rande eines Industrieparks auf. Dort, wo es Industrieschnee schneit und die Anwohner*innen als Ausgleich für den rieselnden Feinstaub Gutscheine für die Autowaschanlage erhalten. Das verschüchterte Mädchen wächst in einem Messie-Haushalt auf, in welchem der regelmäßig aggressiv-betrunkene Vater die Lautstärke und Bewegungen der Familienmitglieder bestimmt. Schon in der Grundschule erfährt sie, was es bedeutet von den anderen als nicht-deutsch gelesen zu werden, weil ihre Mutter türkischer Herkunft ist – sie selbst aber nicht einmal Türkisch kann. Trotzdem: Auf dem Gymnasium spricht der Französischlehrer mit ihr als hätte sie ebenfalls Probleme mit dem Verständnis deutscher Wörter. Als ihre Schulzeit abrupt mit einem Verweis endet wird ihr mehrfach die kaum zu beantwortende Frage gestellt: Woran hat es gelegen? Gab es einen Auslöser? Ein sehr aktueller Roman über Klassismus, der an vielen Stellen an Edouard Louis, Annie Ernaux und Didier Eribon erinnert und gleichzeitig in einer so klaren, präzisen und dennoch künstlerischen Sprache verfasst ist. Eine fiktive Geschichte, die durchaus so geschehen sein könnte, und viele kritische Fragen an unser Schulsystem und unsere Gesellschaft aufwirft. Auch wenn der Lebensweg der Protagonistin eine emanzipierte Wendung nimmt, bleibt ein berechtigtes Unbehagen in der Luft, das zum Nachdenken anregen sollte.
Saskia Jürgens

Deniz Ohde
„Streulicht“

287 Seiten
Suhrkamp Verlag
18,- Euro

Drei Generationen zwischen Korruption, Perestroika und einer neuen Heimat
Was, wenn der Verlauf deines Lebens ausschließlich von langjährig geplanter und ersparter Bestechung abhängt? Was, wen das Überleben deiner Mutter vom Wohlwollen korrupter Ärzte und einem Händchen für die richtigen Kontakte bestimmt wird? Was, wenn politische Systeme zerfallen und nicht mal das, was du erfolgreich gelernt hast, hilfreich ist?
Die befreundeten Ärztinnen Tatjana und Lena wagen ein neues Leben und siedeln auf der Ukraine nach Deutschland über. Ihre Töchter werden in einer Welt geboren, die völlig anders ist als das, was sie aus ihrer Jugend kennen und wollen eigentlich auch nichts mit ihrer Herkunft zu tun haben. Als Edi widerstrebend zur 50. Geburtstagsfeier ihrer Mutter von Berlin nach Jena fährt, bricht dieser Generationskonflikt auf und die beiden Mütter skizzieren und reflektieren ihre Vergangenheit. Ein Roman, der über drei Generationen erzählt und schließlich deutlich hervorhebt: Alle Beteiligten teilen sich diese Geschichte. Hier wird die Frage aufgeworfen, wie sehr vergangene Generationen unsere Einstellungen prägen, egal ob wir nachahmen oder dagegen protestieren. Am Ende zählt nur eins: Einander zuzuhören. Eine Mütter-Töchter-Freundinnen-Geschichte mit berührenden Charakteren und ein Roman, der Einblicke erlaubt in die Gesellschaft und Historie der Sowjetunion.
Saskia Jürgens

Sascha Marianna Salzmann
„Im Menschen muss alles herrlich sein“

384 Seiten
Suhrkamp Verlag
24,- Euro

Wo das Proletariat den Schmutz der Reichen entfernt
„Nur wer jemals die Aufgabe gehabt hat, Flecken zu entfernen, weiß, was sie bedeuten. Sie müssen auf jeden Fall verschwinden.“ – davon hängt nicht nur ab, ob die Kunden wiederkommen, auch die Existenz der Arbeiter*innen der Großwäscherei Phönix ist an das Abwenden eines Versagens geknüpft. Wer hier arbeitet, möchte aufsteigen in ein besseres Leben; weg von der Hitze der Heizkessel, von Dampf der Seifenlaugen und dem ätzenden Gestank der Chemikalien. Weg vom Dreck der Reichen. Weg vom Elend, welches einen in den eigenen vier Wänden erwartet – sofern es so etwas wie ein Zuhause überhaupt gibt. Und weg vom Treten nach Unten und Kuschen nach oben. Doch erwartet einen oben angekommen wirklich das große Glück? Andor Endre Gelléri beschreibt die Belegschaft der Großwäscherei Phönix als eine eigene Gesellschaft - die Unterschicht, in einer ungarischen Großstadt der 1930er Jahre; und beweist sich dabei als ein kluger Beobachter psychologischer und gesellschaftlicher Vorgänge. Die Schilderungen der Eindrücke mischen sich mit beinahe märchen- und visionshaften Bildern, die sich mit ihrer Ästhetik beim Lesen einprägen und ihre Spuren hinterlassen. Im Nachwort erfährt man einiges Interessantes aus Gelléris Leben, das deutliche Parallelen aufweist zu den Schicksalen der Phönix-Belegschaft.
Saskia Jürgens

Andor E. Gelleri
„Die Grosswäscherei“

221 Seiten
Guggolz Verlag 22,- Euro


Schöne, blaue Donau
Ein Flussgigant der Donau, der Hausen oder Stör, der uralt und riesig werden kann, erklärt uns den großen europäischen Strom. Der slowakische Schriftsteller Michal Hvorecky und die Illustratorin Simona Smatana bringen uns die „Donau“ als magischen Fluss näher. Mit frischen Farben und großen Flächen geht es stromabwärts von den Quellen bis zur Mündung ins Schwarze Meer. Vieles weiß der Hausen zu erzählen, obwohl er heutzutage durch die vielen Wehre gar nicht mehr so weit schwimmen kann. Viele Geschichten kennt der Fisch und nicht nur das, er blickt zurück bis zu den Römern, beschreibt die 10 Länder, durch die die Donau fließt und auch alles, was an der Donau so kreucht und fleucht.
Sorgen bereitet ihm aber der Mensch, der die Donau in neue Ufer zwängt und nach wie vor seine Abwässer einleitet. „Wasser ist Leben. Sich um den Fluss zu kümmern, heißt sich um einen ganzen Landstrich und seine Menschen zu kümmern. Wir sollten ihn gemeinsam kennenlernen und schützen, damit er nicht nur eine Geschichte bleibt, die ein alter Hausen erzählt.“
Thomas Mahr

Michal Hvorecky
„Donau“ – Ein magischer Fluss

Illustration von Simona Smatana
32 Seiten
6 - 99 Jahren
Achse Verlag
22,- Euro

Hörenswerte Orte weltweit
Sich in unserer lauten Welt auf die Spuren ungewöhnlicher Klänge zu begeben, ist ein Plädoyer zugleich für das HÖREN als auch für die Stille. Michaela Vieser und Isaac Yuen setzen sich mit Naturphänomenen, wie den flüsternden Dünen oder den summenden Felder des Altai-Gebirges, auseinander. Daneben besuchen sie die wohltemperierte Demutspfeife, schicken die Goldene Schallplatte ins All und setzen sich mit dem Klang der Manipulation oder dem modernen Einsatz von LRADs (Long Range Acoustic Devices) auseinander. Die fein ausgewählten „Klang“-Stücke werden vom Knesebeck Verlag achtsam in Szene gesetzt. Achten Sie beim nächsten Staubwischen doch darauf, welche Muster die Musik im abgesetzten Staub hinterlassen hat. Sich begeben sich damit auf den Spuren von Galileo Galilei und Robert Hooke (englischer Universalgelehrter, 1635-1702) oder der isländischen Klangkünstlerin Björk.
Christine Naderer

Michaela Vieser, Isaac Yuen
„Atlas der ungewöhnlichen Klänge“
Eine Reise zu den akustischen Wundern unserer Erde
192 Seiten
Knesebeck Verlag
22,- Euro<

Vom Wiedergewinnen der Natur
Solange solche Bücher noch auf dem Buchmarkt erscheinen, Autoren wie der englische Schriftsteller Rob Cowen uns mit seinen Naturbetrachtungen verzaubert, können wir nach hoffen, auf Zukunft, ist mir nicht mehr so bange um die Menschheit. Cowen erzählt auf seinen Streifzügen durch Feldraine, Wälder und auf alten Bahntrassen von seiner Umgebung, wo sich Fuchs und Hase Gute-Nacht-Sagen.
„Aller Land“ zeigt mit aller Poesie, wie schön Natur direkt vor unserer Haustür sein kann, wenn man nur die Augen dafür öffnet.
Thomas Mahr

Rob Cowen
„Aller Land“

303 Seiten
Matthes & Seitz Verlag
26,-- Euro <

Wer baut sein Nest in meine Zweige?
Dieses wunderschön illustrierte Buch lädt bereits Kinder ab 2 Jahren ein, die Jahreszeiten und Tiere im Garten zu beobachten.
Da steckt im Frühling der Igel seine neugierige Nase aus einem Laubhaufen und der Stieglitz übt fleißig den Brautgesang. Ob ihn Frau Stieglitz bald erhören wird? Ja, denn wenige Seiten weiter entdecken wir im Nest weit oben die Eier aus denen 5 Vogelkinder schlüpfen, die hungrig ihre Schnäbel den Eltern entgegen recken. Doch verrate das nicht der Katze, die mit dickem Bauch unterm Apfelbaum vorüber geht. Lass uns umblättern, eine Decke für ein Picknick unterm summenden und Schatten spendenden Baum ausbreiten.
Wir wollen die letzten warmen Tage genießen, den Katzenkinder beim Umhertollen zusehen und…
Angelika Mahr

Anne Taube
„Das Nest in meinen Zweigen“

Illustration: Carmen Saldaña
26 Seiten
ars edition
12,- Euro

Das Insektenhotel mit Herz
Haben sie schon ein Zimmer reserviert im „Hotel zur grünen Wiese“? Wenn nicht, dann sputen sie sich, denn dieses Hotel ist überaus beliebt!
Grashüpfer Adlon, seines Zeichens Hotelmanager, kümmert sich mit der übereifrigen Ameise Alexa und der grummeligen, aber herzensguten Fliege Margot um das Wohlergehen seiner Gäste, was nicht immer ganz einfach ist. Da wohnt in Zimmer 11 ein Käfer, der sich weigert, seine Mistkugel vor dem Hotel abzustellen. Und Madame Spinoza, weitgereiste Opernsängerin, fängt mit ihrem Netz in den Fluren Glühwürmchen, die eigentlich für die Beleuchtung zuständig sind. Als die junge Bienenprinzessin samt Gefolge anreist, gerät Adlons Welt schwer ins Wanken, denn er verliebt sich Hals über Kopf in die Grübchen der schönen Prinzessin. Doch da verschwindet plötzlich der Käfer Karl spurlos, nun müssen alle zusammenhelfen! Ein Vorlesespaß ab 6 Jahren für die ganze Familie.
Angelika Mahr

Rüdiger Bertram
„Willkommen im Hotel zur grünen Wiese“

128 Seiten
cbjr Verlag
14,- Euro

„Alleinstehend. Mit Hamster“
… so beschreibt sich die in einer japanischen Großstadt lebende Protagonisten. Mit 25 Jahren hat sie sich in ihrer K1-Wohnung eingerichtet: allein; zurückgezogen; lässt es sich nicht vermeiden, ein Gespräch mit den Nachbarn vor der Tür; nur unvermeidbarer telefonischer Kontakt zu ihren Eltern und ein Geister-Hamster. Als sie ihren Job als Aushilfskellnerin mangels Empathie für die Gäste verliert, sucht sie sich einen Job bei einem Reinigungsunternehmen. Gemeinsam mit ihrem schrulligen Chef und ihren drei männlichen Kollegen erledigen sie respektvoll die Aufgabe „etwas für einen Toten zu tun, was man sonst nur für einen Lebenden tut.“ – das Reinigen und Auflösen deren Wohnung. Durch die Begegnung mit dem Tod, lernt Suzu zu leben. Ist auch das Thema nicht neu, ist es humorvoll, liebenswürdig und nicht oberflächlich geschrieben.
Christine Naderer

Milena Michiko Flašar
„Oben Erde, unten Himmel“

Wagenbach Verlag
304 Seiten
26,- Euro

Eine Sintflut – Innen wie Außen
In einem Sommer war das ukrainische Dorf wochenlang überflutet; Regen, Matsch und Feuchtigkeit bestimmen das Leben der Menschen. Die Protagonistin lässt diese Wochen Revue passieren. Ein Leben mit ihrer pragmatischen, alten Tante, bei der sie wohnt und die ihr Leben überschaubar und recht farblos gestaltet. Ein durchgesessenes Sofa als Nachtlager. Die traditionelle Einfachheit des Dorfes mit seinem Wochenmarkt, den immer wiederkehrenden Gestalten und deren Marotten, den Erwartungen und dem Dorfklatsch stehen im Kontrast zu ihrer Jugend - kollidieren mit ihren Gefühlen; dem Wunsch aufzufallen, anziehend zu sein, sich auszuleben. Heimliches warten auf den Angebetet an einer Bank am Marktplatz; verstohlene Blicke – wir er mich sehen? Bald merkt man: Auch sie wird überflutet – und genauso wie sich das Wasser eines Tages zurückzieht, glätten sich auch bei ihr die Wogen. Ein kleines Büchlein, welches das Landleben im Osten Europas sensibel und facettenreich nachfühlen lässt.
Saskia Jürgens

Tanja Maljartschuk
„Überflutet“

zweisprachig: Deutsch, Ukrainisch
74 Seiten
Edition Thanhäuser
24,- Euro

Erhältlich in der Buchhandlung Mahr

Ein Leben in fünf Umschlägen
Juni 1999: Ein Enkel besucht seinen todkranken Großvater Paolo im Krankenhaus von Venedig. Jedes Mal gibt ihm der „Nonno“ einen Umschlag mit, in dem ein Teil seiner Jugendgeschichte enthalten ist. Sie beginnt im Herbst 1943, als Venedig von den Deutschen besetzt ist. Die Eltern des Großvaters sind bei einem Bombardement von Verona ums Leben gekommen. Dort hatten sie endlich in diesen Zeiten der Not einen Auftrag für ihre Seidenweberei in Venedig ergattert. Ihr einziger Sohn nutzt den Vorschuss, um einige Rechnungen zu bezahlen. Damit hat er aber das Problem, den Auftrag wirklich ausführen zu müssen – und dieser Auftrag muss plötzlich noch ein paar Tage früher beendet sein. Die kurze Zeitspanne scheint unmöglich auszureichen. Dieser Roman erzählt die bewegende Geschichte einer Jugend in Zeiten, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Die Mischung aus Roman, Krimi und historischer Erzählung macht dieses Buch zu einer besonderen, außerordentlichen Lektüre. Tauchen sie mit ein in dieses andere Venedig in dunklen Tagen.
Martin Schick

David Hewson
„Garten der Engel“

384 Seiten
Folio-Verlag
27,- Euro

Ein bibliophiles Kleinod
Barcelona vor langer Zeit: Dort lebt Giacomo, ein wunderlicher Buchhändler, der zwischen, mit seinen Büchern, ja ausschließlich für seine Bücher lebt. Giacomo ist ein Jäger; ein Jäger auf der Suche nach den Raritäten, letztlich nach dem Buch, das es nur ein einziges Mal gibt. Man sieht ihn nicht auf den Straßen, es sei denn, eine Versteigerung von Büchern und Handschriften steht an. Sonst ist er nur als Schatten in seinem Laden herumgeisternd zu sehen.
Die Leute fragen sich, „ist er ein Sonderling oder verkehrt er gar mit dem Teufel“? Besonders seltsam ist, dass Giacomo, der ehemalige Mönch, nicht in der Lage ist, zu lesen. Und doch begehrt er nichts mehr als besondere Bücher. Die Geschichte nimmt ihren Lauf, als ein junger Student aus Salamanca den Bücherladen betritt… Gustave Flaubert, der große Flaubert, schrieb diese kurze, fesselnde Geschichte mit erst 15 Jahren. Er brilliert in seinem allerersten veröffentlichten Text als faszinierender, wortgewandter und bilderreicher Erzähler. Manch bekannter Autor hat diese Meisterschaft ein Leben lang nicht erreicht. Erfreuen sie sich an dieser bibliophilen Kostbarkeit, die sehr schön mit Bildern versehen ist und zu einem attraktiven Preis angeboten wird. Damit eignet sich dieses wunderbare Büchlein auch als herrliches kleines Geschenk für alle, die Bücher und gute Geschichten lieben.
Martin Schick

Gustave Flaubert
„Bibliomanie“

65 Seiten
Insel Verlag
8,- Euro


Streuobstwiesenwunder – der Apfelbaum
Das können nur Bilderbücher: Faszinierend wie uns Holger Haag im Text und Lars Baus mit den Bildern bei der Hand nehmen und in ihrem Bilderbuch den Jahreslauf eines Apfelbaums schildern.
Man merkt beiden an, wie sehr sie die Natur lieben, wunderschöne Bilder, die alle Sinne ansprechen und das heimelige Gefühl einer heilen Welt vermitteln. Mehr noch, das Buch besticht nicht nur durch die Bilder, es ist auch informativ, wahrlich ein Sachbilderbuch mit Tipps bis hin zum Apfelkuchen Rezept. Und wie es sich für ein gutes Sachbuch gehört, ist sogar ein Glossar mit Register dabei.
Das große Buch vom Apfelbaum – ein Naturkundebuch zum Verlieben.
Thomas Mahr

Holger Haag, Lars Baus
„Das große Buch vom Apfelbaum“

56 Seiten
ab 5 Jahren
Coppenrath Verlag
22,- Euro

Warme Limonade mit Senf und ganz viel Spaß
Auch wenn sich Opa oft sehr merkwürdig verhält, verbringt Marie gerne eine Ferienwoche bei diesem liebenswürdigen alten Mann, der sie liebevoll Marellchen nennt. Besser, als mit Mama und Papa in den Yogaurlaub zu fahren, wo es nur Rohkost und Fastentees gibt. Dafür nimmt Marellchen gerne in Kauf, dass Opa mitten in der Nacht Salzheringe mit Lebkuchen und Hustensaftsoße kocht. Oder man zuerst Opas Lesebrille im Garten suchen muss, weil ihm nicht mehr einfällt, wo er sie abgelegt hat – und man dann Opa suchen muss, weil er sich auch irgendwo hingelegt hat und dort eingeschlafen ist. Die Nachbarn behaupten, Opa sei nicht mehr ganz dicht, aber Marie hat es überprüft: Nirgendwo tropft es. Opa meint sogar, er sei nicht nur dicht, sondern auch Dichter. Die wunderwitzigen Gedichte sammelt Opa nicht nur in einem Notizheft, das er Marellchen am Ende ihrer Ferien schenkt, sondern sind auch in diesem warmherzigen Kinderbuch zu lesen.
Saskia Jürgens

Jan Kaiser
„Für Marellchen“

44 Seiten
ab 6 Jahren
Peter Hammer Verlag
15,- Euro

Gefangen im eigenen Mythos
Davids Eintauchen in die Vergangenheit seiner Mutter gleicht einer biografischen Spurensuche. Immer wieder rücken dabei auch seine eigene Kindheit und die emotionale Vernachlässigung in den Vordergrund. Die Entlarvung ihrer mythischen Selbstinszenierung und ihr Bedürfnis nach Transzendenz – oder eher Anerkennung? – stellen die Instanz der Mutter als Deutungshoheit schließlich radikal infrage.
In der isländischen Hauptstadt Reykjavík lebt Elísabet ein ausschweifendes und von Exzessen geprägtes Leben, dem sich vor allem ihr Adoptivsohn David unterordnen muss. Immer wieder behauptet die exzentrische Künstlerin, als junges Mädchen den Kuss der Erleuchtung empfangen zu haben. Anders als ihr Lebensgefährte, der Comic-Zeichner Láki, es war, ist David nicht bereit, an diesen Mythos zu glauben. Er sieht in seiner Mutter eine Frau, die nur um sich selbst kreist und andere Menschen mit ihrer charismatischen und rücksichtslosen Art ins Unglück treibt. Dafür sprechen auch mysteriöse Vorkommnisse, die mit Elisabets ehemaliger Schulfreundin Indi und deren Mann Jón zu tun haben. Jetzt – nunmehr 13 Jahren später – verspricht das Tagebuch des inzwischen verstorbenen Stiefvaters Láki Aufschluss über das damals Geschehene und das Schicksal des jungen Paares zu geben.
„Alles beginnt mit einem Kuss“ ist eine widerspenstige Erzählung, die immer wieder Schlaglichter auf das Verhältnis von Verantwortung, Schicksal und mystischer Determiniertheit wirft. Im vorangestellten Comic werden Inhalt und Form der Geschichte als Ausblick auf das Folgende auf künstlerische Weise miteinanderverbunden. Wild und turbulent, wie Elisabet selbst, fragmentiert der Roman schließlich die Rekonstruktion des Vergangenen und setzt die Geschehnisse so in neue Zusammenhänge. Er bewegt sich zwischen unüberwindbaren Uneindeutigkeiten, Abhängigkeitsgefügen und komplexen Lügenstrukturen. Seine eigenwillige Art zu erzählen – irgendwo zwischen Mythos und Realität – und die teils schonungslosen Schilderungen dessen, wozu der Wahn den Menschen befähigt, verlangen den Leserinnen dabei einiges ab.
Lina Winter

Gudrún Eva Mínervudóttir
„Alles beginnt mit einem Kuss“

384 Seiten
btb Verlag
10,- Euro

Neapel sehen – und sterben
Baron Carlo Coriolano di Santafusca aus urneapolitanischem Adel hat seinen gesamten Besitz am Spieltisch und bei Wetten durchgebracht. Sollte es ihm nicht gelingen, einen Schuldschein über 15000 Lire binnen einer Woche einzulösen, droht ihm das Gericht und ein langer Gefängnisaufenthalt. Doch so etwas kommt für einen Mann seines Standes nicht in Frage; eher muss er sich eine Kugel durch den Kopf jagen. Woher also soll er das nötige Geld so schnell herbekommen? Da betritt Don Cirillo, ein Priester, die Bühne. Dieser schwimmt dank eines Gewinns in der Lotterie und verschiedenen Wuchergeschäften im Geld. Doch er nannte ein einziges Mal, um sich dem Würgegriff seiner Feinde zu entziehen, mehrere Zahlen für die neapolitanische Lotterie, die dann zu seinem Unglück tatsächlich gewannen. Seither bestürmen ihn alle möglichen Leute, er solle ihnen die Zahlen für die Lotterie nennen, wo er doch nur eines will: In Ruhe sein Leben genießen. Wer einmal in Neapel gewesen ist, der weiß: Es gibt in der Welt Lotto, aber in dieser Stadt ist das ganze Leben von der Lotterie und der Suche nach den richtigen Zahlen bestimmt. Don Cirillo ist bereit, dem Baron sofort 30000 Lire für sein Landgut zu zahlen, angeblich, um sich dort in Ruhe zurückziehen zu können. Doch in Wahrheit ist seine habgierige Seele voll anderer Pläne. Was in der Folge geschieht, sei hier nicht verraten, nur so viel: Es kommt bald zu einem Mord. 1888 erschien dieser frühe Krimi in zwei großen italienischen Zeitungen als Fortsetzungsgeschichte. Einem Hut kommt eine tragende Rolle zu, entsprechend sah bei der Erstveröffentlichung der „Werbefeldzug“ für den Roman aus: Es wurden lauter große Plakate angeschlagen, auf denen nur – ein Hut – zu sehen war! Die Geschichte wurde völlig zurecht sofort zu einem Bestseller. Nun wurde dieser Krimi, der so atmosphärisch dicht im Neapel des 19. Jahrhunderts angesiedelt ist, vom Aufbau-Verlag in einer wunderschönen Ausgabe mit einem ergänzenden, lesenswerten Nachwort der Übersetzerin herausgebracht. Was für eine grandiose Wiederentdeckung! Nehmen sie sich viel Zeit, bevor sie das Buch in die Hand nehmen. Einmal angefangen, wird es ihnen nicht gelingen, so schnell wieder aufzuhören!
Martin Schick

Emilio de Marchi
„Baron Santafusca und der Priester aus Neapel“

Die Andere Bibliothek
Aufbau-Verlage Berlin 2022
372 Seiten
44,- Euro

Spaziergang nach Italien
Der Journalist Willi Winkler arbeitete unter anderem für die „Zeit“ und den „Spiegel“; seit vielen Jahren ist er regelmäßiger Autor für die „Süddeutsche Zeitung“. Eines Tages meldet sich in ihm die Sehnsucht nach Italien: eine besondere Reise nach Italien soll es werden. Wie Goethe in der Postkutsche zu reisen ist heute nicht mehr möglich; fahren kann jeder Depp, und sei es mit dem Motorrad oder Fahrrad. Also geht Winkler zu Fuß. Sein Startpunkt ist dabei Wittenberg, denn schließlich ist Luther im Herbst 1510 von dort aus nach Rom aufgebrochen. Winkler schreibt so direkt und so nah an den Eindrücken einer Fernwanderung wie vor ihm noch keine andere Autorin oder ein anderer Schriftsteller. Es sind nicht die großen, überwältigenden Eindrücke, die eine lange Wanderung so besonders werden lassen. Es sind die vielen Beobachtungen, Begegnungen, kurzen Gespräche; die Gedanken, die einem während des Wanderns durch den Kopf gehen, und die konkrete Erfahrung der körperlichen Möglichkeiten, aber auch Grenzen, die eine solch lange Unternehmung zu Fuß zu einem unvergesslichen Erlebnis machen (der Autor der Rezension spricht aus eigener Erfahrung). Man kann sich noch Jahre später an jeden Abschnitt, an spannende Begegnungen und intensive Eindrücke erinnern. Noch zusätzlich angereichert wird das Wanderjournal durch viele literarische Einsprengsel zum Weg nach Italien und den Orten, die Winkler unterwegs durchquert. Für Menschen in und um Ulm und Langenau kommt noch dazu, dass Winkler auch ausführlich über die Durchquerung der näheren Umgebung schreibt. So kommt er von Nördlingen via Neresheim und Giengen weiter durch das Lonetal nach Nerenstetten, um über Oberelchingen und Ulm den Weg nach Oberdischingen fortzusetzen. Dabei kommt es auch zu einem herrlichen Missverständnis: In Giengen fragen zwei Männer Winkler, wo er bei diesem Regen hinwolle. Als dieser antwortet, er sei nach Lindau unterwegs, wird er verbessert: „Ah, nach Lindenau“. Eine so weite Wanderung wie nach Lindau oder gar nach Rom ist für die meisten außerhalb des Vorstellungsvermögens. Der Abschnitt zwischen Mailand und La Verna in der Toskana bleibt im Buch (noch) unerwandert; auch das gehört zu einer Fernwanderung, dass körperliche Gründe eine Vollendung in einem Rutsch nicht erlauben.
Dieses Buch macht Lust auf mehr; man möchte sich schon baldmöglichst selbst auf den Weg machen. Ziehen sie also in Gedanken ihre Wanderstiefel an und kommen sie mit – auf nach Italien!
Martin Schick

Willi Winkler
„Herbstlicht“

Rowohlt Berlin Verlag 2022
254 Seiten
23,- Euro

Die Aufklärung und Science-Fiction?!
Ja, es gab sie schon vor Jules Vernes: Science-Fiction-Romane, die nicht nur in das merkwürdig belebte Innere der Erde führen, sondern auch hinaus ins Unbekannte des Weltalls. So ist innerhalb der dreibändigen Weltraumreisen-Reihe des Wehrhahn Verlags diese Expedition zum – damals mehr vermuteten als bewiesenen – Marsmond erschienen. Geschrieben wurde die „Die Geschwinde Reise auf dem Lufft=Schiff nach der obern Welt“ 1744 vom Astronomen Eberhard Christian Kindermann. Der Text liest sich als naiv-erfrischendes Spektakel, das jedoch den damaligen Forschungsstand mit all seinen Spekulationen und Erkenntnissen anschaulich darlegt. Spannend sind dabei nicht nur die gut recherchierten Quellenangaben und das augenöffnende Nachwort, sondern auch die Vermengung von Wissenschaft und Religiosität, die während der rationalistischen Frühaufklärung durchaus üblich war. Ein Leseabenteuer, das einen staunen lässt.
Saskia Jürgens

Eberhard Christian Kindermann
„Die Geschwinde Reise auf dem Lufft=Schiff nach der obern Welt“

144 Seiten
Wehrhahn Verlag
16,- Euro

Utopien und ihre Folgen
Die 17-jährige Yada wächst auf einer schwimmenden Insel vor Deutschlands Küste auf. Dieses utopische Projekt soll die Bewohner*innen vor der untergehenden Zivilisation und dem Kollaps bewahren. Damit dieser vermeintliche Plan aufgeht, bedarf es strenge Regeln. Was einst ein strahlender Weg aus der Krise sein sollte, hat längst seinen Glanz verloren, der nun Verwitterung, Moos und Algen gewichen ist.
Zeitgleich gründet und verliert die Künstlerin und weissagende Helena auf dem Festland eine Sekte. Ihr Dasein, das ohnehin von der ein oder anderen Skurrilität geprägt ist, droht weiter aus dem Ruder zu laufen. Wir Lesende erhalten zwischen den Kapiteln Einblicke in Helenas Archiv: eine Sammlung aus wahnwitziger Anekdoten der Zeitgeschichte, begangen von größenwahnsinnigen Männern.
Ein wunderbarer, schräger Roman, der witzig ist und zugleich zum Nachdenken über Utopien und ihre Folgen anregt.
Saskia Jürgens


Theresia Enzensberger
„Auf See“

262 Seiten
Hanser Verlag
24,- Euro

Schriftstellerinnen über weibliche Lust
Mit „frauen.begehren“ trägt Susanne Nadolny Auszüge erotischer Situationen aus Romanen, sowie Kurzgeschichten und Gedichte, die dieses Thema streifen, zusammen. Die Autorinnen, sie sind alle weiblich, stammen aus unterschiedlichen Generationen und Epochen – einige Namen kennt man, andere hat man schon irgendwo gehört, unbekannte gilt es zu entdecken. Sie beschreiben das sexuelle Begehren aus weiblicher Sicht, dabei sind die Texte so unterschiedlich, wie verschiedene Menschen nun mal empfinden und wahrnehmen. Ein spannender Streifzug, der an manchen Stellen sehr überrascht und dazu aufruft, diese Autorinnen literarisch näher kennenzulernen.
Saskia Jürgens


Hrsg. Susanne Nadolny
„frauen.begehren“

208 Seiten
S. Matrix Verlag
22,- Euro

Radioshow von einem unbekannten Ort
Josip Rotsky hat als Musiker mit seinem Klavierspiel an den Orten des Protests die Revolution unterstützt. Nach seiner Emigration in die Schweiz wird er kurz vor dem Sturz des Regimes gezwungen vor seinem Diktator zu spielen. Rotsky bewirft ihn mit einem Ei und trifft diesen tödlich, was das Absitzen einer Gefängnisstrafe mit sich führt. Hinter Gittern macht Rotsky eine Bekanntschaft, die seine Lebenssituation grundlegend verändern wird.
Ein unbekannter Autor, beauftragt vom Internationalen Interaktiven Biografischen Komitee, geht auf Spurensuche in Rotskys Leben. Zwischen den erhellenden Entdeckungen hören wir Radio Nacht mit Geschichten, Anekdoten, Poesie und Musik. Ein ukrainischer Genre mix, der sich stellenweise liest wie im Rausch.
Saskia Jürgens


Juri Andruchowytsch
„Radio Nacht“

468 Seiten
Suhrkamp Verlag
26,- Euro

Gerettet?!?
Hier ist das Nachfolgebuch von „Das Ende von Eddy“. Eddy, der im Norden Frankreichs in armen und ländlichen Verhältnissen, bildungsfern und rau aufwächst und dazu noch permanent auf Grund seiner Homosexualität gedemütigt wird, tritt die Flucht an in ein neues Leben, eine neue Identität, eine selbst gewählte Authentizität. Dabei begibt er sich auf eine Expedition durch sämtliche sozialen Schichten, stets bemüht, nicht als Tourist aufzufallen. Vom Schulwechsel, über die Universität hin zu DER Universität Paris, bis in die Ess- und Schlafzimmer Superreicher. Sich selbst retten durch seinen Aufstieg und damit an denen Rache nehmen, die ihn verletzt haben, ist sein erklärtes Ziel. Dabei analysiert er nicht nur seine Herkunft und Vergangenheit, also sein eigenes Leben; sondern geht schonungslos ins Gericht mit der kapitalistischen Gesellschaft, die bedacht darauf ist, dass jeder seinen Platz kennt und dort auch bleibt. „Erst wenn man weiß, dass andere Menschen Kaviar essen, erlebt man das Leben einer Putzfrau als Gewalt der Bourgeoise“. Ein kluges, anregendes Buch, das einen sicher nicht kalt lassen wird!
Saskia Jürgens


Édouard Louis
„Anleitung ein anderer zu werden“

272 Seiten
Aufbau Verlag
24,- Euro

Körper, Sex und andere Widrigkeiten…
…lautet der Untertitel dieses Büchleins voller Kurzgeschichten über das Entdecken der eigenen Körperlichkeit im weiten Sinne. So findet sich hier eine Sammlung von Texten über Sexualität, körperliche Grenzen und Tod, was dazu führt, dass Gedanken über Mobbing, Schönheitsideale und Organspende ihren Platz darin finden. Die Protagonistin scheint in allen Geschichten die gleiche zu sein – sie beginnt ihre Erzählungen im Alter von neun Jahren und beendet sie im Erwachsenenalter. Die Sprache ist oft sehr direkt und heftig, manchmal poetisch. Viele der Geschichten lassen die Lesenden auflachen, denn die beschriebenen Widrigkeiten erinnern sehr an die Entwicklungsschritte, Verwirrungen und Fettnäpfchen eines jeden. Andere Texte wiederum erreichen eine nachdrückliche Tiefe oder erfordern aufgrund der krassen Situation ein erschüttertes Durchatmen. Gemein haben alle Geschichten – das merkt man schnell und damit wir nicht zu viel verraten - dass das eigentliche Ziel immer knapp verfehlt wird.
Saskia Jürgens


Kali Drische
„Neulich im Schrank“

190 Seiten
Konkursbuch Verlag
9,90 Euro

Russische Bohèm-WG in Paris des beginnenden 20. Jahrhunderts
Eine Schicksalsgemeinschaft, Wahlverwandtschaft aus jungen russischen Emigrant*innen, die sich in Paris zusammenfinden, durch rauschende Partys und Orgien taumeln, den Sinn ihres Seins ergründen und sich der Kunstwerdung ihres Lebens mit allen Sinnen hingeben. Im Zentrum steht der geheimnisvolle, mystische Apoll Besobrasow, den der Protagonist auf eigentümliche Weise trifft und sich an dessen Fersen heftet. Die Schauplätze variieren und machen das Geschehen besonders abwechslungsreich. Eben noch auf der orgiastischen Festivität und plötzlich in einem Schweizer Kloster, eine leerstehende Villa, ein Schloss am Gardasee. Doch hier geht es nicht nur um die Handlung allein: Träumerische Wahrnehmungen und detaillierte Beschreibungen – zum Beispiel von Regen in all seinen besonderen Nuancen – auf eine Art, die an James Joyce erinnert, spielen eine große Rolle und machen das Buch zu einem fantastischen Leseerlebnis.
Saskia Jürgens


Boris Poplawski
„Apoll Besobrasow“

300 Seiten
Guggolz Verlag
24,- Euro

Ein Roman wie ein Gemälde von Otto Dix…
… so ehrlich, entlarvend, bitter, sarkastisch, zynisch und an einigen Stellen einfach urkomisch. Der preußische Förstersohn, Erbe einer Mitgliedschaft in der schlagenden Studentenverbindung Arminia wird während seines Studiums beim Duell mit einem Herrn von Thurn und Taxis ehrenhaft entstellt und vom Hungerleider und Kommilitonen Wilhelm Wander mystifiziert. Vom Studium über die Schützengräben und Lazarett landet Odemar schließlich im Berlin der Novemberrevolution und einem Deutschand außer Rand und Band: verstümmelte Kriegsheimkehrer, politische Auf- und Umbrüche, Psychoanalyse, Scharlatane, Freizügigkeit, Tanzsalons, Sekten und der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Ein Streifzug durch die deutsche Geschichte kurz vor und nach dem ersten Weltkrieg, eine Parodie auf Militarismus, Nationalismus, Leichtgläubigkeit und den Versuch betäubt die Augen vor dem Weltgeschehen zu verschließen.
Saskia Jürgens


Yvan Goll
„Sodom und Berlin“

182 Seiten
Manesse Verlag
20,- Euro

Der kleine Nick und seine Erfinder
Irgendwo hat ihn jeder schon einmal gesehen oder von ihm gelesen – „Der kleine Nick“, kongenial erdacht von René Goscinny und Jean-Jacques Sempé. Goscinny war unter anderem für die Texte bei „Asterix und Obelix“ und „Lucky Luke“ verantwortlich. Da er eng mit dem grandiosen Zeichner Sempé befreundet war, entstand der Wunsch nach einem gemeinsamen Projekt. Obwohl die ersten Geschichten im Jahr 1959 entstanden, machen sie bis heute eine Riesenfreude. 2022 ist nun ein Buch erschienen, das zum einen vom kleinen Nick erzählt, aber gleichzeitig auch von der Geschichte der außergewöhnlichen Freundschaft von Sempé und Goscinny. Beide hatten es im Leben nicht immer leicht, und doch haben sie wundervoll dabei zusammengearbeitet, den kleinen Nick und seine urkomische, eigene kindliche Sicht auf die Welt zum Leben zu erwecken. Geschrieben hat das neue, herrliche Buch Anne Goscinny, die die Sprache und den Witz ihres Vaters wunderbar trifft. Der kleine Nick erwacht zu neuem Leben, und der Zeichner Fabrice Ascione setzt dazu Bilder, die sich am Stil von Sempé anlehnen, aber eben doch auch eine eigene Note haben. Das Vorwort würdigt noch einmal den Übersetzer aller vorherigen Geschichten, Hans Georg Lenzen, der so treffend schrieb, dass „Satzbau und Zeichensetzung dem kleinen Nick angepasst sind, nicht dem „Kleinen Duden““.
Kaufen Sie das Buch, und Sie werden einen Riesenspaß haben. Alles klar? Prima!
Martin Schick


Anne Goscinny
„Der kleine Nick und das große Glück“

124 Seiten
Diogenes Verlag AG Zürich 2022
18,- Euro

Von München über New York ins Nildelta
Berührend und intensiv erzählt die Protagonistin die Geschichte ihrer ägyptisch-deutschen Familie. Am Sterbebett ihres Bruders taucht sie in die Vergangenheit ihrer Vorfahren ein und erzählt bis in die Gegenwart hinein und über drei Kontinente hinweg. Dreh- und Angelpunkt sind die Fragen nach der Identität, der Heimat und dem Gefühl, sich wie ein Chamäleon zwischen zwei Welten zu bewegen.
Petra Wansing


Annabel Wahba
„Chamäleon“

288 Seiten
Eichborn Verlag
23,- Euro

Wer rettet endlich diese Kinder
Aus gutem Grund ist für Journalisten das Fotografieren im Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos verboten. Sonst wäre es für uns noch immer im Wohlstand lebenden Europäer unerträglich zu sehen, wie schlecht es den Kindern in diesem Lager geht. Der Fotografin Alea Horst ist es trotzdem gelungen und sie hat mit ihren Bildern für „Europas vergessene Kinder“ ein starkes Zeichen gesetzt.
„Manchmal male ich ein Haus“ so der Titel dieses „Bilderbuchs“, das erschütternde Aussagen der Kinder neben die Bilder stellt. Sie erzählen von ihren Hoffnungen, ihren Wünschen und Träumen, von dem, was sie zurücklassen mussten und dem Glauben daran, irgendwann doch ein neues Zuhause zu finden. Die Bilder zeigen aber auch einen unglaublichen Lebensmut, der Hoffnung macht und uns zwingt diese Kinder nicht zu vergessen. Ein Pflichtbuch für alle, gerade jetzt!
Thomas Mahr

Alea Horst
„Manchmal male ich ein Haus für uns“
Europas vergessene Kinder

Illustration: Mehrdad Zaeri
80 Seiten
Klett Kinderbuch Verlag
16,- Euro

Ein kühnes Leben
Bei der Recherche über das Leben ihrer Großmutter haben die beiden Enkeltöchter Berest eine der interessantesten Frauen des 20. Jahrhunderts entdeckt. Je mehr sie sich auf die Spuren von Gabriële Buffet-Picabia machten, um so erstaunter waren sie, welch abenteuerliches Leben sich da vor ihnen auftat. Bereits mit 17 Jahren wollte sie Komponistin werden. Sie war 1898 die einzige Frau in der Pariser Kompositionsklasse. Als ihre Eltern es für angemessen hielten, dass eine junge Frau zu heiraten habe, floh sie nach Berlin und spielte in einer Wirtshauskapelle.
1909 heirate sie dann doch. Mit dem Künstler Francis Picabia an ihrer Seite entdeckte sie ihr Talent für die Malerei. Das Künstlerehepaar reiste nach New York und sorgte dort für Furore. Die Reisen wurden gebremst durch den Ersten Weltkrieg, in dem sie als Rotkreuzhelferin im Einsatz war. 1930 geht die Ehe auseinander, nicht aber das aufregende Leben der Künstlerin. Während des Zweiten Weltkriegs war sie im Widerstand, Teil der Pariser Résistance. Nach dem Krieg blieb sie weiter engagiert bis ins hohe Alter. 1985 stirbt sie mit 104 Jahren in Paris.
Thomas Mahr

Anne und Claire Berest
„Ein Leben für die Avantgarde“

Die Geschichte von Gabriële Buffet Picabia
304 Seiten
Aufbau Verlag
22,- Euro

Für ein positives Verhältnis zur Weiblichkeit
Die weibliche Sexualität ist oft heute noch geprägt von Schuld, Scham und Unwissen. Nicht nur, dass es unzählige Tabus gibt über die Frau nicht spricht (und Mann erst recht nicht). Auch heute werden in vielen Biologie(Schul!)büchern weibliche Geschlechtsorgane nur rudimentär oder falsch dargestellt. Maria Hesses wunderschön und zart illustriertes Buch leistet sicher einen Beitrag dem entgegenzu-wirken. Hier liest man von ihren eigenen Erfahrungen und Erkundungen und begegnet weiblichen Vorbildern, die sich den Konventionen ihrer Zeit widersetzten und ihre Sinnlichkeit entdeckten. Mit dabei sind zum Beispiel Sappho, Colette und Simone de Beauvoir. Ein tolles und wichtiges Buch um den Bezug zum eigenen Körper zu stärken. In diesem Sinne: Viva la Vulva!
Saskia Jürgens

Maria Hesse
„Lust“

160 Seiten
Heyne Verlag
24,- Euro

Eine Kulturgeschichte der Quallen
Quallen üben auf den Menschen eine besondere Faszination aus: Dargestellt als elegante, transparente, in allen Farben schimmernden Wesen, die märchenhaft durch das Wasser schweben. Oder aber als die hochgiftigen und gefährlichen Jäger und Killer. Samuel Hamen präsentiert uns in seinem Band eine kleine Sammlung an Darstellungen und Interpretationen und geht darüber hinaus und hinein in die Erforschung und Biologie. Kurzweilige Einblicke in die Entwicklungsphasen der Qualle, Arten und Lösungsansätze eines zentralen Problems: Die Konservierung von Quallen, zum Beispiel für die Wissenschaft.
Saskia Jürgens

Samuel Hamen
„Quallen“

143 Seiten
Matthes & Seitz Verlag
20,- Euro

Ein Kaleidoskop an Fotografien
„Manchmal schwimmen Fotos, die einem begegnen, direkt aus den Träumen heraus“ – steht auf der Rückseite von Katja Petrowskajas Essay-Sammlung „Das Foto schaute mich an“. Und ja, die Fotos, welche den Anstoß der Essays darstellen, wirken zum Teil wie aus einer anderen Welt, manchmal verträumt. Oft fällt es einem schwer, den Blick von ihnen abzuwenden, denn sie ziehen in ihren Bann. Petrowskaja stammt ursprünglich aus Kiew und lebt schon seit einigen Jahren in Deutschland. Als 2015 die Krim von Russland annektiert wurde, beginnt sie zu Fotos, die ihr auf unterschiedlichsten Wegen zukommen, zu schreiben, um darin Halt zu finden. Die Texte beschreiben häufig Randerscheinungen zu Ereignissen aus dem politischen und gesellschaftlichen Zeitgeschehen, die Petrowskaja verknüpft mit Assoziationen und ihrer eigenen Biografie. Aber auch Alltagssituationen finden Platz in diesen Texten, aus welchen der liebevolle Blick der Autorin auf Menschen heraussticht.
Saskia Jürgens

Katja Petrowskaja
„Das Foto schaute mich an“

256 Seiten
Suhrkamp Verlag
25,- Euro

Der rasende Reporter schreibt
Wer kennt ihn nicht: Egon Erwin Kisch und seine Reportagen! Mit klarem, sachlichen Ton und doch viel Ironie und versteckte Kritik beschreibt er gesellschaftliche Ereignisse, Sachverhalte und oft auch skurrile Kuriositäten. Die Berliner Reportagen, die sich in diesem Büchlein der Wagenbach Salto Reihe versammeln, bilden Denkwürdiges von 1914 bis 1933 ab. Vom Heiratsladen über das „Um die Ecke bringen“ Rosa Luxemburgs bis zu seiner eigenen Verhaftung – den eine freie journalistische Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Phänomenen war im aufkeimenden Nationalsozialismus nicht gern gesehen. Wer gerne facettenreich ins Berlin des frühen 20. Jahrhunderts eintauchen möchte, wird große Freude an dieser Sammlung haben.
Saskia Jürgens

Egon Erwin Kisch
„Aus dem Café Größenwahn – Berliner Reportagen“

144 Seiten
Wagenbach Verlag
18,- Euro

Eine Kindheit in einem erschütterten Land
Trisha, die in Frankreich lebt, kehrt nach vielen Jahr zur Beerdigung ihres Vaters in ihre Heimatstadt Kalkutta zurück. Nach der Zeremonie wandelt sie allein durch ihr Elternhaus und stößt dort auf Erinnerungsstücke, die ihre Kindheit Revue passieren lassen. Die Lesenden erhalten dabei jedoch nicht nur einen Eindruck von Trishas herausfordernder Familiengeschichte, sondern tauchen in Indiens politische Vergangenheit ein, mit welcher der verstorbene Vater eng verknüpft war. Indien zu dieser Zeit regiert von der rechtsgerichteten Indira Gandhi, gewaltvolle Übergriffe, linke Widerstandskämpfer und der Traum von Gerechtigkeit und Frieden. Ein Roman, der einen Einblick in Indiens naher Geschichte bietet, die bis heute noch ihre Wirkung zeigt.
Saskia Jürgens

Shumona Sinha
„Kalkutta“

192 Seiten
Edition Nautilus
19,90 Euro

Ein sumerischer Mythos neu erzählt
Wir befinden uns in einer modernen Stadt, gebaut auf Ruinen und getragen von Pfeilern aus Stahl. Die Technik erinnert an Science-Fiction; diese Welt mutet fantastisch an. Hier bewegt man sich mit Fahrstühlen horizontal und vertikal fort; aber auch per Rikscha. Jeder hat exakt seinen Platz und seine Bestimmung an diesem Ort. Die Göttin Anna In wird vom Ruf ihrer Zwillingsschwester in die Unterwelt gelockt. Doch wer die Hölle betritt, wird sie nie wieder verlassen. Zurück bleibt ihre beste Freundin Nina Subur, die im Ernstfall Hilfe holen soll. Wird es ihr gelingen die Götter zu mobilisieren?
Saskia Jürgens

Olga Tokarczuk
„Anna In“

192 Seiten
Kampa Verlag
22,- Euro

Die Geduld der Frauen als Stütze des Patriarchats
Die Autorin Djaili Amadou Amal beschreibt in ihrem Roman das erzwungene Eheleben dreier Frauen in einer polygamen Verbindung. Drei Frauen aus Kamerun, die in reiche Familien hineingeboren und verheiratet werden; die von der Kindheit an zur Geduld und somit zum stillschweigenden Ertragen, ermahnt werden und nun in ihren Ehen Erniedrigung, Gewalt und Konkurrenzkampf erleben. Doch jede dieser Frauen beginnt auf ihre eigene Weise sich gegen dieses unterdrückende System zu wehren. Die Autorin gehört selbst den muslimischen Fulbe Kameruns an, erlebte Zwangsheirat und gründete als Frauenrechtsaktivistin die Vereinigung „Femmes du Sahel“. Sie weiß wovon sie erzählt. Das Buch zu lesen ist so schmerzhaft wie informativ; eine traurige Wahrheit im Leben der Frauen, die sich nur ändern kann, wenn darüber gesprochen wird. Djaili Amadou Amal gibt diesen Frauen eine Stimme, die unbedingt erhört werden muss.
Saskia Jürgens

Djaili Amadou Amal
„Die ungeduldigen Frauen“

176 Seiten
Orlanda Verlag
18,- Euro

Leben am Kottbusser Tor
Denjenigen, die schon einmal in Kreuzberg waren, wird die faszinierende und gleichzeitig Unbehagen einflößende Atmosphäre, die das Neue Kreuzberger Zentrum, kurz NKZ, ausströmt, in Erinnerung geblieben sein. Das monströse Gebäude aus den frühen 70ern beherbergt 367 Wohnungen und zahlreiche Kultur- und Geschäftsräume. Hier spielt Julia Rothenburgs Roman; die Protagonist*innen wohnen im NKZ und einer als Obdachloser davor, beziehungsweise unter dem schützenden Torbogen, der ein Loch in den Bau reißt. Die Leben von Mutlu, Stanca, Aylin, Ario, Marianne und ein paar weiteren sind auf Grund der gemeinsamen Adresse stark miteinander verwoben, ähnlich in ihrer Dramatik und doch so unterschiedlich wie sie nur sein können. Schon beinahe voyeuristisch fühlt es sich an, in die Monologe dieser Menschen einzudringen und sich aus einzelnen Gedankenfetzen Lebensschicksale zusammenzustückeln. Dennoch geht die Autorin sorgsam mit ihren Figuren um, die man beim Lesen allesamt ins Herz schließt. Ich habe Rothenburgs experimentellen, kollagenartigen Schreibstil, bei dem auch das Haus zu Wort kommt, sehr genossen und möchte die gewonnenen Einblicke in das soziale Gefüge „Plattenbau“ gerne teilen und weiterempfehlen.
Saskia Jürgens

Julia Rothenburg
„Mond über Beton“

320 Seiten
Frankfurter Verlagsanstalt
22,- Euro

Was macht das Netz mit Dir
Vor allem dann, wenn du dafür zuständig bist verstörende Bilder und Videos und Hassbeiträge herauszufiltern. Irgendwann weiß man nicht mehr, was richtig oder falsch ist und blickt in einen Spiegel der eigenen Abgründe. Klein, fein komponiert, gut 100 Seiten Roman, der die virtuelle Welt ohne Schminke zeigt. Weltweit gibt es Tausende, die bei der digitalen Müllabfuhr beschäftigt sind.
Kayleigh ist jung, leider ohne Geld und nimmt deshalb den Job in der Firma Hexa an. Im Akkord schaut und bewertet sie Clips: 500 am Tag, beim Gang auf die Toilette wird die Zeit gestoppt. Nichts darf in den Arbeitsraum mitgenommen werden, nichts herausgetragen, alles, was dort gesehen wird, bleibt auch dort. So ist es gedacht. Doch fast zwangsläufig führt der Weg zum Therapeuten…
Thomas Mahr

Hanna Bervoets
„Dieser Beitrag wurde entfernt“

112 Seiten
Hanser Berlin
20,- Euro

Eine grossartige Liebeserklärung
an die Musik und die Aufbruchstimmung der Sechziger in London. Energiegeladen und berauschend erzählt David Mitchell Aufstieg und Fall der Band Utopia Avenue. Täglich öffnen neue Clubs, gründen sich neue Bands - die Kreativität explodiert. Vier junge Musiker finden sich zusammen für zwei Alben die den Nerv der Zeit punktgenau treffen. Elf Holloway, von der Folkmusik kommend; Dean Moss am Bass; Griff Griffin am Schlagzeug; dazu der geniale Gitarrist Jasper de Zoet, ja, durchaus verwandt mit dem de Zoet aus den tausend Herbsten. Mitreißend und überwältigend, von einer Erzählfreude ohnegleichen. Nur kurz währt der Ruhm von Utopia Avenue, doch die Geschichte bleibt tief in unseren Herzen. Ein wahres Meisterwerk.
Klaus Schönfeld

David Mitchell
„Utopia Avenue“

752 Seiten
Rowohlt Verlag
26,- Euro

Die Freiheit eine Frau zu sein
Was haben die Franzosen doch für ein Talent, Gesellschaftskomödien zu verfilmen oder zu schreiben, die dann sehr wohl mit Ernsthaftigkeit ein Thema mitten aus dem Leben beleuchten. „Es ist ja nur ein Mädchen“, so die Meinung in den 60er Jahren und Grund genug, mit der Verwandtschaft die Champagnerkorken nicht knallen zu lassen. Camille Laurens hat einen Roman über drei Frauengenerationen geschrieben, bei dem es der Jüngsten gelingt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und die Mittlere verstehen lernt, dass das so gut ist.
Thomas Mahr

Camille Laurens
„Es ist ein Mädchen“

256 Seiten
DTV Verlag
22,- Euro

Dieses Buch tut einfach nur gut!
Nur raus aus der hektischen Großstadt, irgendwohin, am besten zum Großvater aufs Land. Mann weg, Job weg und die Verzweiflung groß, da bleibt als letzter Ausweg nur die brandenburgische Provinz – allerdings hat Alina hat ihren Großvater doch arg vernachlässigt und 18 Jahre nicht mehr gesehen. Er lebt als ehemaliger Forstbotaniker ganz im Einklang mit der Natur und nimmt seine Enkelin auf, ohne groß Fragen zu stellen. Alina wirft allen Ballast über Bord und findet nicht nur sich selbst wieder, sondern sogar den Mut neue Pläne zu schmieden. Ein Buch, wie eine Auszeit von all den Sorgen…
Thomas Mahr

Franziska Fischer
„In den Wäldern der Biber“

320 Seiten
DuMont Verlag
22,- Euro

Die einzige große Liebe, es gibt sie.
Eigentlich hat es Jane, die Erzählerin ganz gut getroffen. sie lebt mit ihrem liebevollen Freund Billy bei ihrer fürsorglichen Mutter, Jane ist grade 18 und schwanger, sie arbeitet bei einem Pizza Lieferdienst und fährt Pizzas aus, irgendwo in Los Angeles. Ab und zu trinkt sie ein, zwei Bier zu viel um sich zu betäuben, weiß wohl aber nicht so recht wovon, Es könnte eine langweilige amerikanische Ehe Geschichte werden, doch als Jane eines Tages eine Salamipizza mit Gürkchen ausliefert passiert es, ihre Welt ist plötzlich eine andere. Dieser neuen anscheinend unerfüllten Liebe ist sie komplett und wehrlos ausgeliefert. Jane erzählt ihre Geschichte so grossartig und schräg, dann voll Verzweiflung aber dann wieder weise. Einfach hinreissend.
Klaus Schönfeld

Jean Kyoung Frazier
„Pizza Girl“

236 Seiten
Kampa Verlag
22,- Euro

„Die Geschichte Lateinamerikas ist eine einzige Horrorgeschichte
deshalb müssen die Zeichen der Gewalt auch in der Literatur auftreten.“
sagt die Autorin über ihren Roman. Vor dem Hintergrund der argentinischen Geschichte wird eine vielschichtige und bedrohliche Vater Sohn Beziehung erzählt. Juan, der Vater ist Medium für einen grausamen Orden, für den er die Dunkelheit herauf beschwören muss. Er unternimmt alles um seinen Sohn Gaspar vor dem Zugriff des verbrecherischen Ordens zu schützen. Der Roman ist eindrücklich, unbequem, beängstigend, vereinnahmend. Oft lassen sich reale Ereignisse aus der argentinischen Geschichte mit Erfindungen der Autorin nicht trennen. Ein Horrorroman auf jeden Fall, aber auch viel mehr. Einheimische Heiligenkulte und indigene Mythologie schaffen eine dunkle Atmosphäre. Aber es liest sich auch wie ein groß angelegter viktorianischer Roman mit vielen faszinierenden Charakteren. Das Buch überschreitet einige Grenzen und so kommt man als Leser durchaus auch an Grenzen. Mit Sicherheit das beeindruckendste Buch der letzten Jahre.
Klaus Schönfeld

Mariana Enriquez
„Unser Teil der Nacht“

824 Seiten
Tropen Verlag
28,- Euro

Mit der Umgebung verflochten
Reziprozität (Gegen- und Wechselseitigkeit – Duden) und Dankbarkeit – diese beiden Worte sind zentral in Frau Kimmerers Werk. In ihren Erzählungen nimmt sie uns mit in die Welt der nordamerikanischen Natur ihrer Ahnen, ihrer eigenen Kindheit und der Gegenwart. Wir sind dabei, wenn sie mit ihren Studenten Workshops im Wald durchführt, um die Reziprozität der Natur unmittelbar zu erfahren. Alles ist miteinander verflochten, wie im Buch: die Geschichte und das Naturverständnis der indigenen Völker Nordamerikas, Kimmerers eigene Vergangenheit und Familiengeschichte sowie der moderne naturwissenschaftliche Blick auf Flora und Fauna. Die Autorin gewährt uns Einblicke in ihr Denken, Fühlen und ihren reichen Wissensschatz über die Natur als Angehörige des indigenen Volkes der Potawatomi, als Mutter und nicht zuletzt als Wissenschaftlerin und Professorin, die die Dankbarkeit für die Gaben der Natur täglich lebt.
Lassen Sie sich ein auf die Mystik und Weisheiten der indigene Völker sowie auf die naturwissenschaftlichen Erläuterungen der Pflanzenkunde – es heißt neue Welten zu entdecken, alte zu bewahren. Dieses Buch ist ein Geschenk.
Christine Naderer

Robin Wall Kimmerer
„Geflochtenes Süßgras“

461 Seiten
Aufbau Verlag 2021
26,- Euro

Es ist schon wieder was passiert…
Wolf Haas, der herausragende österreichische Autor so wunderbarer Werke wie „Das Wetter vor 15 Jahren“, stellt uns den inzwischen neunten Band seiner „Brenner“-Reihe vor. In „Müll“ geht es zuerst einmal um eine wichtige Trennung: Was ist Müll und was ist Mist? Mist hat der Bauer früher noch brauchen können und aufs Feld gefahren; den Rest hat man einfach in den Bach geschmissen. Aber in Wien ist heute alles Mist, sprich: man kann es wiederverwenden. Was ist aber, wenn auf dem Mistplatz (bei uns hieße das Recycling-Hof) immer mehr Leichenteile auftauchen? Und der Brenner? Der arbeitet jetzt eben auf dem Mistplatz, weil er damals auf die Polizeikarriere geschissen hat. Müllarbeit bedeutet schließlich Zukunft gestalten. Die Polizei kommt zum Mistplatz; dabei auch sein Ex-Kollege Kopf, über den der Brenner nur denkt: „Jetzt haben wir uns so viele Jahre nicht gesehen und können uns ohne die geringste Anlaufzeit immer noch genauso schlecht unterhalten wie früher“. Der Fall scheint für die Kriminaler schnell gelöst, bis die Tochter des Opfers auf dem Mistplatz auftaucht und sagt, die Polizei liege falsch. Da juckt es den Brenner, und er beginnt als alter Kriminalist zu ermitteln.
Die „Brenner“-Krimis haben inzwischen Kultstatus erlangt; einige von ihnen wurden mit Josef Hader in der Hauptrolle auch hervorragend verfilmt. Wolf Haas hat dafür einen einzigartigen, lakonischen Sprachstil entwickelt. Beispiel gefällig? Der Brenner zieht den Kollegen Novak vom Mistplatz auf und denkt dabei „weil seit der letzten Novak-Freundin auch schon wieder ein paar Tierarten ausgestorben“. Viel „Wiener Schmäh“ steckt also noch dazu in „Müll“. Ein rundum empfehlenswertes, einzigartiges Buch, auch für Leute, die Krimis sonst nicht gerne lesen!
Martin Schick

Wolf Haas
„Müll“

287 Seiten
Hoffmann und Campe Verlag 2022
24,- Euro

Was für ein Sommer!
Stellen sie sich vor: Sie flanieren im Frühjahr durch die wunderbare ewige Stadt Rom. Dort begegnen sie dem ersten Protagonisten unserer Geschichte, einem jungen Mann, gutaussehend, an einem Tag, an dem für ihn alles schiefläuft, was nur schiefgehen kann. Und so macht er sich in Rom im strömenden Regen auf, zu Fuß durch die ganze Stadt. So beginnt dieses herrliche Buch, das auch Drehbuch zu einem wunderbaren Film sein könnte. Unser Held nimmt sich für alle möglichen unnützen Dinge viel Zeit, vergisst darüber aber sogar den eigenen 30. Geburtstag. Doch dann kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung: Er trifft auf Arianne, eine Frau, die die Nacht kennt, wie ihre Westentasche und die mit unglaublicher Sorglosigkeit von einem Tag in den Nächsten lebt. Sie ist von zu Hause abgehauen und hat nur ein Buch von Proust, ein paar Streichhölzer, eine Flasche Parfüm sowie ein Kartenspiel mitgenommen. „Der letzte Sommer in der Stadt“ ist in Italien schon 1973 erschienen, als der Autor, Gianfranco Calligarich, gerade einmal 26 Jahre alt war. Nun liegt der großartige Roman dank des Zsolnay-Verlags erstmals auf Deutsch vor. Liebhaber Roms können mit den beiden Hauptfiguren in Gedanken durch Rom flanieren und das pralle Leben genießen. Ein Buch, so leicht und sorglos und gleichzeitig so ernst und schwermütig wie „Frühstück bei Tiffany“ von Truman Capote. Rom für einen Sommer; kommen sie mit!
Martin Schick

Gianfranco Calligarich
„Der letzte Sommer in der Stadt“

205 Seiten
Zsolnay-Verlag Wien 2022
22,- Euro

Giallo Nero
„Und es kommt ein neuer Winter“, so lautet der Titel des neuesten Krimis von Massimo Carlotto. Die Polizei nimmt in dieser Geschichte aber nur eine Nebenrolle ein; die Fäden werden von nahezu allen beteiligten Personen gezogen. Schon der sehr ungewöhnliche Beginn der Geschichte ergibt sich daraus, dass wir als Leser gleich im ersten Kapitel von einer Tat, den Tätern und ihrem Motiv erfahren. Das Drama ereignet sich in einem norditalienischen Tal; es gibt daraus nur einen Ausgang, und wer dort leben will, sollte auf seinen Ruf achten. Bruno hat in dieses Tal eingeheiratet in eine alteingesessene, mächtige Familiendynastie, die Pesentis. Er bleibt für alle anderen im Tal der Außenseiter, oder wie Schwaben es ausdrücken würden, ein „Neigschmeckter“. Doch dann passiert, wie schon erwähnt, die erste Tat und löst eine ganze Kette weiterer Vorgänge aus. Es ist wie im Winter im Hochgebirge: Manchmal reicht ein geworfener Schneeball aus, um nach und nach eine große Lawine ins Rollen zu bringen. Denn im Tal gilt: Alles im Tal wird selbst geregelt, und im „Dorf“ hilft man sich untereinander.
Carlotto hat einen sehr guten Krimi ganz anderer Art geschrieben, der rabenschwarz das Tal und seine Bewohner betrachtet. Alles soll selbst geregelt werden und führt doch von einer zur nächsten Tragödie. Stellen sie sich ein paar Marrons glacés und ein schönes Glas Rotwein bereit und lassen sie die „Lawine“ niedergehen!
Martin Schick

Massimo Carlotto
„Und es kommt ein neuer Winter“

220 Seiten
Folio-Verlag 2022
22,- Euro

Ein Vermächtnis des Altmeisters
Andrea Camilleri (1925 – 2019) war bis zu seinem Tod eine der prägenden Gestalten der zeitgenössischen italienischen Literatur. Neben wunderbaren Erzählungen wie etwa „Der unschickliche Antrag“ über die Folgen, die ein Antrag auf einen Telefonanschluss im 19. Jahrhundert mit sich bringen konnte, ist er vor allem für seine Kriminalgeschichten um den Commissario Montalbano berühmt geworden. 2016 veröffentlichte er in Italien den nun auf Deutsch vorliegenden Band „Das Ende des Fadens“. Camilleri diktierte diese Geschichte bereits, da er erblindet war. Und doch erzählt er großartig und mit wachem Geist dieses Buch, in der sich Montalbano darin üben muss, dass ihm nicht der Geduldsfaden reißt. Eine sehr attraktive Schneiderin wird ermordet aufgefunden, und sogleich schießen die üblichen Verdächtigungen ins Kraut; war es ein Mord aus Eifersucht oder aus unerwiderter Liebe, oder gar ein Racheakt für eine Entlassung? Für viele scheint der Fall schnell klar, nur nicht für Montalbano. Er macht sich an die mühseligen Ermittlungen mit dem bewährten Personal des Kommissariats; sein Vize Mimì Augello, berüchtigter, aber etwas in die Jahre gekommener Frauenheld; der spröde, aber absolut zuverlässige Fazio sowie als weitere Hauptfigur der ungeschickte und tollpatschige, aber zutiefst menschliche und mitfühlende Catarella. Viele Fährten bestehen, doch welche wird schlussendlich zum Ziel führen? Camilleri, selbst aus Porto Empedocle an der Südküste Sizilien stammend, schildert parallel das Drama der vielen Flüchtlinge, die in den Häfen Siziliens an Land gebracht werden. Da ist einerseits der große Wunsch, diesen Menschen, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um aus einer aussichtslosen Lage herauszukommen, zu helfen. Auf der anderen Seite führt die schiere Anzahl der täglich ankommenden Flüchtenden aber auch zu einer völligen Überforderung der Menschen und Behörden vor Ort. Andrea Camilleri gelingt es, uns tiefe Einblicke in dieses Dilemma zu geben. Und natürlich kommen auch das sizilianische Leben und die kulinarischen Köstlichkeiten in diesem wunderbaren Krimi nicht zu kurz. Lassen sie sich das Wasser im Mund zusammenlaufen!
Martin Schick

Andrea Camilleri
„Das Ende des Fadens“

Kriminalroman
304 Seiten
Bastei-Lübbe Verlag
22,- Euro

Wie war das eigentlich, damals auf der Flucht?
Christiane Hoffmann, ehemalige Mitarbeiterin der „FAZ“, für die sie in Moskau und Teheran Auslandskorrespondentin war, und jetzige „Spiegel“-Autorin, macht sich auf den Weg. Sie will im Winter 550 Kilometer durch das südliche Polen, einen kleinen Zipfel Deutschlands und dann entlang des Nordrands von Tschechien wandern. Warum? Sie will die Fluchtroute ihres damals 9-jährigen Vaters und dessen Mutter aus dem kleinen schlesischen Dorf Rosenthal bis an die böhmisch-deutsche Grenze 1945 nachvollziehen. Dabei führt sie in Polen (sie hat extra vor der Tour auch etwas polnisch gelernt) und im heute noch zu Deutschland gehörenden niederschlesischen Zipfel um Zittau intensive Gespräche. Manchmal erhält sie dabei tiefgründige Einblicke in die Vergangenheit; an anderen Orten ist eine Unterhaltung über das, was war, schwierig bis unmöglich. Und es wird Frau Hoffmann eines schnell klar: Die da heute in Rosenthal und den anderen Orten in Polen auf dem Fluchtweg leben, sind selbst aus ihrer Heimat Vertriebene. Ihre Herkunftsorte liegen im ehemaligen Ostpolen oder Galizien, das nach dem Hitler-Stalin-Pakt russisch wurde; heute sind sie Teil von Weißrussland oder der Ukraine. Das wirkt sich bis in die Gegenwart aus: Über einen Ort auf dem Weg gibt es zwei Wikipedia-Einträge; der Erste ist auf Polnisch und beginnt praktisch erst mit der Zeit ab 1945, während der Zweite in deutscher Sprache die Jahre nach 1945 nahezu komplett ausklammert. Es gibt keine gemeinsame Geschichte, sondern nur „historische Monologe“.
Das Buch von Christiane Hoffmann erlaubt eine intensive Auseinandersetzung mit Flucht, Vertreibung, Schuld und den zarten Pflänzchen der Annäherung und Freundschaft, die erst beginnen konnten zu wachsen, als die ehemaligen Ost-Gebiete Deutschlands nicht mehr zurückgefordert wurden. Vor allem wird über etwas gesprochen, über das fast alle Geflohenen nicht in der Lage waren, zu sprechen: Die Gefühle, die mit Flucht und Entwurzelung verbunden waren. Einziges kleines Manko des Buchs: Die zweite Hälfte des Wegs im nördlichen Tschechien kommt, wohl auch wegen fehlender Sprachkenntnis, etwas zu kurz. Trotz dieses Abstrichs ist das Buch aber unbedingt lesenswert und liefert viele Denkanstöße und Erkenntnisse.
Martin Schick

Christiane Hoffmann
„Alles, was wir nicht erinnern“

Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters
279 Seiten
Beck Verlag
22,- Euro

Leben in einer archaischen Welt
Damir Karakaš ist ein kroatischer Autor und Musiker. Nun ist sein eindrückliches Werk „Erinnerungen an den Wald“ auf Deutsch erschienen. Es handelt sich dabei um eine Sammlung kurzer Geschichten, die wie Momentaufnahmen aus einer Kindheit und Jugend in einem Haus vor dem Wald geschrieben sind. Der Alltag in der Familie und mit den Freunden ist hart, das Leben in einfachsten Verhältnissen eine Herausforderung für den Bauernjungen, der eine schwere Erkrankung des Herzens in sich trägt.
Er leidet darunter wegen der von seinen Eltern geheim gehaltenen Krankheit nicht ernst genommen zu werden. Deshalb spürt er immer wieder die große Enttäuschung des Vaters, der noch dazu gewalttägig gegenüber seinem Sohn werden kann.
Der Junge lebt in einer Welt, wie sie bei uns schon lange nicht mehr existiert. Beim Viehhüten muss man beständig aufpassen, dass der gefährliche Bär nicht kommt; und als der junge Mann aus dem nächsten, größeren Ort kommt, weil er mit Freunden im Kino war, hört er im Wald rechts und links die Wölfe heulen. Das alte Haus, in dem er mit seiner Familie lebt, ist so baufällig, dass es, als es durch ein neues Gebäude ersetzt werden soll, von zwei Ochsen mit einem Seil umgerissen werden kann. Doch es gibt für den Jungen auch Fluchten und Traumwelten, und wenn es keine Möglichkeit zum Schwimmen gibt, gräbt man einfach am Waldrand ein großes Loch, um zumindest ein Wasserbassin zu haben.
Alle Geschichten sind in einer klaren, direkten Sprache erzählt und lassen uns teilhaben am Leben und Erleben des Bauernjungen. Diese Erinnerungen an eine harte und karge, gleichzeitig aber auch ganz besondere Kindheit und Jugend in einer Welt wie man sie bei uns nur noch aus Büchern wie „Herbstmilch“ kennt, sind hervorragend in diesem wunderbaren Buch zusammengetragen.
Martin Schick

Damir Karakaš
„Erinnerungen an den Wald“

Roman
152 Seiten
Folio Verlag
20,- Euro

Mit den „Zugvögeln“ unterwegs
Der tschechische Autor Jaroslav Rudiš, Autor unter anderem von „Winterbergs letzte Reise“, hat neben der Literatur eine weitere, große Leidenschaft: die Eisenbahn. Damit ist er geradezu prädestiniert, um uns an seiner Lust am Bahnreisen, den Begegnungen mit außergewöhnlichen Menschen und Geschichten und seinen Beobachtungen teilhaben zu lassen. Man spürt seine Liebe zur Eisenbahn und zum wahren Reisen, der auch keine Umwege und scheinbaren Zeitverluste scheut, um Besonderes sehen und erleben zu können, in jedem Satz dieses wunderbaren Buches. Solche Reisen in und durch Europa können mal nur einen Nachmittag, mal eine Woche und ein anderes Mal einen Monat dauern. Dabei schaut Rudiš immer auch über den Tellerrand hinaus mit außergewöhnlichen Blicken auf Geschichte und Literatur, aber auch auf Kinofilme und Musik.
Reisen Sie mit ihm von Palermo nach Rovaniemi in Finnland; lernen Sie die verbindenden Eigenheiten des K.u.K.- Eisenbahnwesens in Ländern wie der Ukraine, Ungarn und Italien kennen oder erfahren Sie, wo sich in Europa die schönsten Bahnhöfe, wehrhafte Kathedralen des Industriezeitalters, finden lassen. Lassen Sie sich von Herrn Peterka oder Herrn Popović im Speisewagen mit Köstlichkeiten wie einem Lendenbraten in cremiger Sauce aus Wurzelgemüse mit Knödeln verwöhnen; es gibt sogar treue Fans, die extra von Wien zum Semmering für ein Frühstücksomelette fahren und dann, nach einem kurzen Spaziergang, die gleiche Strecke zurück mit einem dreigängigen Mittagsmal genießen.
Sogar Wunder können geschehen: Jesus hat Wasser in Wein verwandelt – lernen Sie, was es in der Eisenbahn mit dem „Wunder vom Brenner“ auf sich hat. So werden Sie bei der Lektüre auch erfahren, was die Bahn mit Kreuzspinnen, Brillenschlangen, Elefanten, Taucherbrillen, Würstchenkochern oder Goldbroilern zu tun hat. Dieses Buch ist ein sehr unterhaltsames und gleichzeitig höchst informatives Werk, das Lust macht, sofort in den nächsten Zug zu steigen und sich auf Reisen zu begeben. Es wendet sich ausdrücklich nicht nur an Eisenbahnfans, kann aber zur Folge haben, dass man ein solcher wird. Steigen sie ein!
Martin Schick

Jaroslav Rudis
„Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen“

256 Seiten
Piper Verlag
15,- Euro

(K)ein Katzenroman!
„Nein, ich war genauso dumm wie meine Geschwister, nur war ich außerdem dumm gefallen, mit dem Gesicht voraus in einen Scheißhaufen nämlich.“ Diesem zum Himmel stinkenden Zufall verdankt Matou, der Erzähler, sein Leben. Denn seinen Katzengeschwistern, die ebenso wie er nach ihrer Geburt aus einem Fenster geworfen wurden, wurde nicht auf selbige unangenehme Weise das Mäulchen gestopft und so verrieten sie sowohl akustisch als auch olfaktorisch ihre Existenz an Straßenhunde. Wir befinden uns während diesem Ereignis in Paris zur Zeit der Französischen Revolution. Matou überlebt nicht nur, sondern wird vom Revolutionär Camille aufgelesen und als Geschenk für dessen neugeborenen Sohn in der Familie Desmoulins willkommen geheißen. In märchenhaftem Plauderton nimmt uns Matou von da an mit auf einen Streifzug durch seine sieben Leben, die in unserer Gegenwart beim Schreiben seiner Memoiren enden. Matous großes Interesse gilt dem Menschen, der sich im Verhalten weitgehend von der Logik einer Katze unterscheidet. So beschreibt Matou nicht nur interessante Stationen unserer Gesellschaftsgeschichte, sondern ergründet die großen Fragen des Mensch-Seins und agiert als Philosoph, der einen Blick von außen auf diese seltsame Spezies wirft. Schmusekater Matou setzt dabei seinen messerscharfen Verstand und seine Krallen dort an, wo es dem Menschen so richtig weh tut.
Saskia Jürgens

Michael Köhlmeier
„Matou“

960 Seiten
Hanser Verlag
34,- Euro

Colm Tóibín: Der Zauberer
Die neue Romanbiografie des irischen Autors Colm Toíbín beschreibt das Leben von Thomas Mann oder wie die Süddeutsche kürzlich titelte von „der Deutschen liebsten Thomas“.
Das Leben der Manns, besonders das von Thomas, fasziniert und interessiert noch immer. Toíibín schildert den Nobelpreisträger als einen Mann mit vielen Gesichtern, als Mensch der sein Gefühlsleben stets verborgen hielt. Der den „Zauberberg“ erschuf und sich doch oft wie ein Hochstapler vorkam.
Mit großem erzählerischen Aufwand bringt Colm Toíibín die große Familie Mann näher und macht Lust sich mit ihren hochinteressanten Mitgliedern zu beschäftigen.
Sandra Kohl-Blum

Colm Tóibín
„Der Zauberer“

560 Seiten
Hanser Verlag
28,- Euro

Barbara Pym: Quartett im Herbst
Die Bücher der britischen Autorin Barbara Pym sind eine echte Wiederentdeckung. Nach „In feiner Gesellschaft“ ist nun ein neuer Roman von ihr erschienen, der ursprünglich aus dem Jahr 1977 stammt.
In dieser skurrilen Geschichte erzählt sie von vier Menschen, alle zu Beginn des Rentenalters. Diese vier, zwei Männer, zwei Frauen, arbeiten im selben Büro. Sie sind alle etwas verschroben, alle alleinstehend. Bisher gab es durch den täglichen Büroalltag einen gewissen Halt im Leben.
Barbara Pym schildert in diesem Roman auf herrlichste Weise von den Marotten, Wunderlichkeiten und Eigenheiten, die diese Vier, vom Schicksal zufällig Zusammengefügten, nun in ihrem Rentenalltag entwickeln.
Feinster britischer Humor für kalte Wintertage!
Sandra Kohl-Blum

Barbara Pym
„Quartett im Herbst“

240 Seiten
Dumont Verlag
20,- Euro

Finsteres Mittelalter oder ein Märchen?
Mit drei Jahren hat der kleine Martin bereits seine ganze Familie verloren. Nur ein schwarzer Hahn weicht ihm nicht von der Seite und beschützt ihn.
Die Dorfbewohner können den Jungen nicht einschätzen, sie haben schon fast Angst vor dem kleinen, ungewöhnlichen, klugen und gütigen Jungen mit dem schwarzen Hahn. Für die Dorfbewohner ist der Hahn der Inbegriff des Bösen.
Als Martin 11 Jahre alt ist, kommt ein Maler in das Dorf, der ein Gemälde in der Kirche malen soll. Der Maler schließt den Jungen sofort in sein Herz. Neben der Wirtshaustochter Franzi ist er der Einzige, der das Gute in Martin erkennt.
Als ein Mädchen vor Martins Augen von einem Reiter mit dunklem Umhang ihrer Mutter aus dem Arm gerissen und entführt wird, weiß Martin, dass es seine Aufgabe ist, dieses Mädchen wiederzufinden und ihrer Familie zurückzubringen.
Dieses Buch hat mich sehr berührt. Zeitlich könnte es im 30-jährigen Krieg spielen, gleichzeitig gibt einen starken Kontrast zwischen Gut und Böse, was an den Stil eines Märchens erinnert.
Stefanie von Schulte schreibt in einer einfachen, neugierig machenden Sprache, die einen in die Geschichte hineinzieht, da vieles zwischen den Zeilen steht.

Eine klare Leseempfehlung!
Charlotte Schuh

Stefanie von Schulte
„Junge mit schwarzem Hahn“

240 Seiten
Diogenes Verlag
22,- Euro

Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da
oder was gibt es nicht alles zu sehen, wenn aller Augen geschlossen sind? Und um mit Georg Christoph Lichtenberg zu sprechen: „Unsere ganze Geschichte ist bloß Geschichte des wachenden Menschen; an die Geschichte des schlafenden hat noch niemand gedacht.“

Wenn diese Einleitung nicht Neugier weckt, dann weiß ich auch nicht mehr, mit welchem Buch ich Sie vom Schlafen abhalten kann. Wollten Sie nicht schon immer mal wissen, was passiert, wenn normalsterbliche Menschen schlafen gehen, müde ihr Haupt aufs Kissen sinken lassen? Sind Sie nicht auch von Kindesbeinen an daran interessiert, was die Nacht so bietet, welche Mythen wahr sind, was los ist, wenn die Sonne untergeht? Bernd Brunner nimmt uns mit auf eine Reise durch Zeit und Raum, fliegt mit uns aus dem Mittelalter, als die Nacht noch finster und unheimlich war, in die Neuzeit, in der der erschöpfte Mensch geplagt wird von Lichtverschmutzung, auch die Tierwelt nie wirklich Ruhe hat, der Lärm nicht aufhören will, Lichtgestalten uns umschweben, Bars und Etablissements locken. Schon immer haftet den Aktivitäten der Nacht etwas Verbotenes, ja Subversives an. Doch mit der Erfindung der Elektrizität wurde die Nacht zum Tage gemacht und vieles auf den Kopf gestellt, der Mythos der Nacht kam immer mehr abhanden. In Bernd Brunners „Buch der Nacht“ können wir sie alle finden, die Irrlichter, den Nachtmahr, Geschöpfe, für die der Mond die Sonne ist und vieles mehr… Begeben Sie sich auf eine Entdeckungsreise, die Sie staunen macht, welche Geheimnisse die Nacht bis heute übrig hat. Und außerdem wird Sie die außergewöhnliche Gestaltung dieses Bandes von Anne Blanke und Pauline Schroers, nachtblau mit unendlichen vielen funkelnden Sternen und der Mondsichel nicht mehr loslassen!!!
Angelika Mahr

Bernd Brunner
„Das Buch der Nacht“

192 Seiten
Galiani Verlag
28,- Euro

Auf Schatzsuche
Hurra! Amy Timberlakes „Dachs und Stinktier“ sind wieder da! Noch dazu ist die neue Geschichte abermals mit den wunderbaren Bildern von Jon Klassen versehen. Doch worum geht es? Dem Dachs, der gerne zurückgezogen seiner Arbeit an „wichtiger Steinforschung“ nachgeht und dabei unter gar keinen Umständen gestört werden möchte, wurde sein bester Stein gestohlen: der Spinnenaugen-Achat. Er weiß sogar, wer es war, konnte aber nichts dagegen unternehmen. Und sein Freund Stinktier, der so wunderbar kochen kann und seit der ersten Geschichte im Haus aufgenommen ist, hat auch ein Problem: Die heißgeliebte Literaturbeilage der „Hühnerfurter Rindschau“ verschwindet auf unerklärliche Weise jedes Wochenende, sodass ihm der Sonntag komplett verdorben wird.
Also beschließen die beiden: Wir gehen auf Schatzsuche! So können sie für Dachs einen neuen, erstklassigen Achat suchen, und Stinktier braucht sich nicht so sehr über den Verlust der Literaturbeilage ärgern, weil sie beim Zelten in der Natur eh nicht zugestellt wird. Beide Tiere erleben eine Menge spannender und lustiger Abenteuer, bei denen unter anderem einem winzigen, orangen Huhn, einem Riesenei in Bernstein, einer Armada von wuseligen Ratten und dem fiesen Vetter Fischotter tragende Rollen zukommen. Die Leser können außerdem lernen, was man so alles zum Wandern uuunbedingt mitnehmen muss, selbst wenn es scheinbar völlig sinnlose Dinge sind.
Ein fantasievolles und verrücktes Vergnügen für ältere Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene, die Spaß daran haben, dass eine Geschichte manchmal auch kuriose und seltsame Wendungen nehmen kann.
Martin Schick

Amy Timberlake
„Dachs und Stinktier suchen einen Schatz“

176 Seiten
cbj Verlag
16,- Euro

Was für eine Menagerie!
Der herausragende sizilianische Autor Andrea Camilleri hat im hohem Alter dieses kleine Buch mit lauter Tiergeschichten verfasst. Er ist in Deutschland vor allem wegen seiner Krimis mit Commissario Montalbano bekannt, hat aber daneben auch herrliche Romane und Erzählungen veröffentlicht.
Alle Tiere, die Camilleri beschreibt, sind ihm und seiner Familie zugelaufen; nie wurde ein Tier in einer Tierhandlung gekauft. Und doch finden sich über die Jahre hinweg Hunde, Katzen, Vögel, Igel, Schlangen und weitere Tiere im Hause des Autors ein. Er sagt, dass „nicht wir uns ein Tier als Gefährten aussuchen, sondern das Tier uns auswählt“. Besonders großen Zuwachs erhält die Menagerie, als die Familie beschließt, etwas gegen die vermeintlich vorhandenen Vipern unternehmen zu müssen.
Erleben sie Truthähne auf der Flucht, eine Schlange mit Anstellung, Schweine im Vollrausch oder den Baron, eine Katze von wahrhaft aristokratischem Wesen. Sie werden sich meisterliche Beobachtungen der Tierwelt erlesen können, die in Camilleris lebhaftem und bilderreichen Schreibstil niedergeschrieben wurden. Warum hat der sizilianische Schriftsteller das entzückende Buch geschrieben? Er wollte zeigen, dass die Tiere zu seiner Zeit noch nicht künstlich waren und, dass sie wahrhaft eine Persönlichkeit haben können.
Martin Schick

Andrea Camilleri
„Rendezvous mit Tieren“

176 Seiten
Kindler Verlag
22,- Euro

Ein außergewöhnliches Fundstück aus schlimmen Zeiten
Die Autorin und Historikerin Iris Origo verfasste in den Jahren 1939 und 1940 ein Tagebuch, in dem sie ihre Beobachtungen, Gespräche und Erlebnisse in ihrem Umfeld festhielt. Origo ist in Großbritannien geboren, lebte aber später lange Jahre zusammen mit ihrem Mann, der aus der italienischen Aristokratie stammt, in Italien. Beide kauften das Gut „La Foce“ in der Toskana; dieser Ort wurde später auch ein Hort für Flüchtlinge und Anlaufpunkt für Deserteure, geflohene Kriegsgefangene oder Kämpfer des Widerstands. Dies schilderte Origo in ihrem bekanntesten Werk, dem „Toskanischen Tagebuch der Jahre 1943/44“. Daneben schrieb sie aber auch wunderbare Biografien historischer Persönlichkeiten; herausragend ist dabei „Im Namen Gottes und des Geschäfts“ über einen mittelalterlichen Kaufmann aus Prato in der Toskana.
Neu auf Deutsch erschienen ist nun ihr Tagebuch aus der Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg bis in den Juli 1940, einen Monat nachdem auch Italien in den Krieg eingetreten war. Die Leser können hautnah die Diskussionen nachverfolgen, ob es zum Krieg kommen wird oder nicht; wie werden sich England und die USA verhalten; wird Mussolini mit in den Krieg ziehen oder nicht; ist Deutschland dafür bereit oder wird es im letzten Moment einlenken, weil es noch nicht genügend aufgerüstet ist (Dass Hitler den Krieg bedingungslos anstrebt, war 1939 nahezu jedem klar). Wir alle können mit eintauchen in diesen schon lange vergangenen Zeitabschnitt, als wäre man persönlich dabei gewesen. Wildeste Gerüchte machen die Runde (auch damals gab es schon massenhaft Fake News!); die Menschen klammern sich an jeden Strohhalm, der darauf hindeuten könnte, dass es doch keinen Krieg geben könnte.
Das Besondere an diesem Tagebuch ist, dass Iris Origo während dieser Zeit in italienische wie internationale Zeitungen Einblick hatte. Sie hört italienischen, französischen und englischen Rundfunk, kennt internationale Diplomaten und Menschen des Widerstands, schildert aber auch detailreich Unterhaltungen mit überzeugten Faschisten. Sie stellt ausgezeichnet die Ereignisse aus den verschiedenen Blickwinkeln dar; sie berichtet daneben aber auch immer wieder von den Gerüchten und Falschmeldungen, die unter den Menschen kursieren. Origo hat ein klares und messerscharfes Urteilsvermögen; mit ihrer Hilfe lässt sich das Zeitgeschehen sehr gut einordnen. Ein außergewöhnliches Buch, das uns eine schreckliche Zeit besser verstehen lässt!
Martin Schick

Iris Origo
„Eine seltsame Zeit des Wartens“

Italienisches Tagebuch 1939/40
152 Seiten
Berenberg Verlag
22,- Euro

Reisen sie mit auf alten Wegen
Der Historiker Arnold Esch nimmt uns in seinem neuesten Buch „Von Rom bis an die Ränder der Welt“ mit auf Reisen in vergangene Epochen. Es gelingt ihm wunderbar, unscheinbare Spuren in der Landschaft von uralten Wegen und Straßen sowie alte Texte, Kosten und Abrechnungen, ja selbst historischen Müll so zu deuten, dass wir als Leser das Reisen in früheren Zeiten nachvollziehen können. So erfahren wir beispielsweise, wie es Pilgern auf ihrer Fahrt nach Jerusalem und zurück nach Venedig erging. Was interessierte, bewegte sie, was bereitete ihnen Sorgen, was waren ihrer Ängste? Oder was machte ein Inschriften-Ausmeißler; mit welchem Auftrag war er unterwegs, und was erfahren wir dabei über die römische Straße von Augsburg nach Salzburg? Auf welchen, zum Teil abenteuerlichen Wegen, wurden früher die Alpen überquert, und was kann man davon heute noch sehen und erleben? Oder eine ganz wunderbare, außergewöhnliche Idee: Was können uns die auf einer Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn erworbenen regionalen Zeitungen über das Land und die Menschen neben den Gleisen erzählen?
Lassen sie sich von Arnold Esch mitnehmen auf den Reisen durch frühere Epochen. Er kann hervorragend Spuren in der Landschaft deuten, und er nutzt, teilweise sehr kuriose, Quellen verschiedenster Art, um uns über das Leben unterwegs in vergangenen Zeiten zu berichten. Esch ist ein exakter Beobachter, und es gelingt ihm, selbst scheinbar trockene Materialien lebendig werden zu lassen. Ein großartiges und besonderes Buch, das uns in Gedanken mit auf Reisen und Wege in früheren Zeiten nimmt und dabei aber immer anschaulich erzählt ist. Reisen sie mit!
Martin Schick

Arnold Esch
„Von Rom bis an die Ränder der Welt“

399 Seiten
Beck Verlag
29,95 Euro

Reisen als Weg, um Glücksmomente zu erleben
Der Journalist Juan Moreno schrieb unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“ und den „Spiegel“. Daneben hat er immer wieder hervorragende Bücher veröffentlicht wie „Von mir aus“, einen Sammelband seiner großartigen Kolumnen, oder das Buch „Teufelsköche“. Bekannt wurde er durch „Tausend Zeilen Lüge“, in dem es ihm gelang, den Betrugsfall des Spiegel-Reporters Relotius aufzudecken. Nun veröffentlicht er sein neuestes Werk, das auf den in vielen Jahren journalistischer Tätigkeit unternommenen Reisen basiert. Moreno unterscheidet klar zwischen Urlaub (man fährt weg, will sich erholen und eine möglichst überraschungsfreie Zeit verbringen), und dem Reisen. Was zeichnet eine Reise aus? Man nimmt sich Zeit für das Erleben und die Begegnungen mit Menschen. Sich Zeit zu nehmen, schafft Nähe, Nähe wiederum führt zu Einsichten, die man sonst nicht hätte. So sagt Moreno: „Von einem Urlaub kann ich enttäuscht sein, von einer Reise nicht“. Begleiten sie als Leser Moreno auf seinen Reisen, mal zu abgelegenen, exotischen und auch gefährlichen Reisezielen wie etwa dem Urwald zwischen Panama und Kolumbien; ein anderes Mal zu „klassischen“ Zielen wie dem spanischen Jakobsweg, den sie aber aus völlig neuen Perspektiven kennenlernen werden; oder aber zu außergewöhnlichen Beobachtungen bei besonderen Menschen wie etwa zu einem Stierkämpfer, der mit viel Glück den Angriff eines Stiers überlebt hat und nun, nach 2 Jahren Pause, wieder voller Angst in die Arena zurückkehren will.
Moreno hat einen eigenen, unverwechselbaren Sprach- und Schreibstil. Er lässt uns teilhaben an Beobachtungen, An- und Einsichten. Daneben verfügt er gleichzeitig über einen unglaublichen Humor. So werden sie beispielsweise lernen, warum Hongkong-Chinesen sich so verhalten wie Juan Morenos spanische Großmutter kurz vor Weihnachten.
Warnung: Sollten sie einmal angefangen haben, das Buch zu lesen: Sie werden süchtig nach diesen außergewöhnlichen, einzigartigen Reiseberichten!
Martin Schick

Juan Moreno
„Glück ist kein Ort“

304 Seiten
Rowohlt-Verlag
22,- Euro

Das Geheimnis dieses Buches ist, dass man darin alles findet was uns im Leben begegnet.
Und noch einiges mehr. Das Oakland in Brooklyn ist eine Bar, in der sich die Aussenseiter und Gestrandeten treffen. Im Mittelpunkt steht Gal Ackerman, der an einem grossen Roman schreibt, dem Roman seines Lebens. Doch gleich zu Beginn des Romans erleben wir schon die Beerdigung von Gal. Sein Freund Ness übernimmt die Aufgabe das bisher Geschriebene zu ordnen und den Roman fertig zu schreiben. Die Wurzeln der Geschichte finden sich im Spanischen Bürgerkrieg, wo jemand schwere Schuld auf sich lädt. Doch das Hauptmotiv des Buches ist die grosse Liebe von Gal, Nadja, die ihn vor Jahren verlassen hat. Das Buch setzt sich zusammen aus Fragmenten und wechselt oft die Zeiten und Erzählperspektiven. Also ein Buch mit Ecken und Kanten, aber unwiderstehlich. .
Klaus Schönfeld

Eduardo Lago
„Brooklyn soll mein Name sein“

500 Seiten
Kröner Verlag
25,- Euro

Mein Junge war ein Universum im Miniaturformat
Das sagt Theo über seinen Sohn Robin, hochbegabt, mit Zügen von Autismus und unermesslicher Liebe zur Natur. Nach dem frühen Unfalltod der Mutter überschüttet der Vater seinen Sohn mit all seiner Liebe. Robin hat Probleme mit der Schule, wird gemobbt und soll nach dem Willen Außenstehender Medikamente nehmen. Theo ist Astrobiologe und erzählt seinem Sohn von Lebensmöglichkeiten auf fremden Planeten. Durch eine Art neuronales Feedback wird versucht Robins Verhalten etwas normgerechter zu gestalten ohne Medikamente zu nehmen. Das innige Verhältnis zwischen Vater und Sohn wird auf eine harte Probe gestellt. Die Beschreibungen von Vögeln, Natur und fremden Planeten sind außergewöhnlich faszinierend und zeigen wie schrecklich die Menschheit mit ihrer Umwelt umgeht. Phantastisches Buch, die Geschichte entwickelt einen unglaublichen Sog. Mit Sicherheit das erstaunlichste Buch des Jahres.
Klaus Schönfeld

Richard Powers
„Erstaunen“

320 Seiten
S. Fischer
24,- Euro

Zwischen Genie und Wahn
Ein erfolgreicher Schauspieler hat seine Frau betrogen, nun beginnt der Rosenkrieg und der Kampf um die Kinder. Er streift durch die Stadt zwischen Wut, Selbstzweifel und dem Willen ein guter Vater zu sein. Muß man das lesen? Unbedingt. So persönlich und mitreißend erzählt, absolut fesselnd. Dazu kommt diese Liebeserklärung ans Theater, Beschrieben werden parallel die Proben zu einem Shakespeare-Stück. So aufregend, intensiv und nah war man noch nie bei der Entstehung von Kunst dabei.
Klaus Schönfeld

Ethan Hawke
„Hell strahlt die Dunkelheit“

336 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
23,- Euro

Taiwans Identität
Hauptperson in diesem Generationen übergreifenden Roman ist Umeko. Als Schulmädchen erlebt sie das Ende der 50-jährigen japanischen Besatzungszeit in einem kleinen Ort in Taiwan, nach den Japanern kommen dann die Chinesen. 70 Jahre später steht ein Familienfest an, die Nachkommen sind aus den USA angereist. Nach und nach enthüllen sich die Geheimnisse von Umekos Familie und warum ihr Bruder jahrelang in Lagerhaft war. Eine dramatische Familiengeschichte vor dem Hintergrund der Geschichte Taiwans.
Klaus Schönfeld

Stephan Thome
„Pflaumenregen“

526 Seiten
Suhrkamp
25,- Euro

Realität, Traum oder etwas ganz anderes.
Die Urfassung dieses frühen Romans ist ein wilder, grotesker und surrealer Ritt. Goljadkin, ein kleiner glückloser Beamter bekommt es plötzlich mit einem Doppelgänger zu tun, der nicht nur so aussieht wie er sondern auch genau so heißt. Zu allem Überfluss arbeitet dieser 2. Goljadkin noch in derselben Dienststelle - und niemand findet das merkwürdig. Dem ersten Goljadkin entgleitet sein Leben immer mehr, doch passiert das alles wirklich? Bizarre Szenen wechseln mit unglaublich witzigen, hier also die Urfassung zum ersten mal in deutsch, einfach grandios.
Klaus Schönfeld

Fjodor Dostojewski
„Der Doppelgänger“

336 Seiten
Galiani Verlag
24,- Euro

Literatur ist Freiheit
Tanja wächst in den 1990er Jahren in Kalkutta auf. Ungeliebt von ihrer Mutter entdeckt sie im Buchladen ihres Vaters die Welt der Literatur. Besonders russische Klassiker haben es ihr angetan. Fasziniert ist sie von einem russischen Verleger der in den 1920ern surrealistische Bücher veröffentlichte. Sie nimmt Kontakt auf mit der mittlerweile 80jährigen Tochter des Verlegers, die in St Petersburg lebt. Diese zwei auf den ersten Blick verschiedene Welten haben doch viele Gemeinsamkeiten. Schnörkellos doch voller Poesie, ein ganz wundervoller Roman über die Kraft der Literatur, dem man nur einen Vorwurf machen kann: viel zu kurz, da steckt eigentlich ein 600 SeitenRoman drin.
Klaus Schönfeld

Shumona Sinha
„Das russische Testament“

184 Seiten
Edition Nautilus
20,- Euro

Drei Zeiten, drei junge Menschen, unendlich viele Möglichkeiten.
Konstantinopel 1453, in der belagerten Stadt kämpft Anna ums Überleben, sie stiehlt Bücher aus einer verlassenen Klosterbibliothek um sie zu verkaufen. Doch eins der Bücher wird sie behalten. Idaho heute, Seymour will Gerechtigkeit und verübt ein Attentat in einer Bibliothek. In einer fernen Zukunft ist ein Generationenschiff unterwegs zu einer neuen Welt. Konstance an Bord dieses Raumschiffs steht plötzlich vor einem unlösbaren Problem. Im Raumschiff gibt es eine Bibliothek, dort gibt es einen Atlas den man betreten und in dem man herumgehen kann, allein diese Beschreibung ist so grandios und verblüffend. Im Mittelpunkt der drei Geschichten stehen Jugendliche in bedrohlichen Situationen an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Die drei Geschichten sind auf magische Weise verbunden, das Buch ist eine ganz grosse Hymne auf Phantasie und Bücher. Verzweiflung ist die einzige Sünde, die nicht vergeben wird, jedoch nichts ist in Stein gemeißelt. Ein einziger grossartiger Leserausch, unvergesslich.
Klaus Schönfeld

Anthony Doerr
„Wolkenkuckucksland“

532 Seiten
C. H. Beck
25,- Euro

Bologna am Abgrund
Dieser Kriminalroman versetzt die Leser in den Dezember 1944 nach Bologna. Es herrscht Krieg und große Not, Anarchie macht sich unaufhaltsam breit. Ein Teil der Stadt befindet sich noch in der Hand der deutschen Besatzer und der italienischen Faschisten, doch es gibt schon Bereiche, die vom italienischen Widerstand kontrolliert werden. Bologna, „die Fette“, wie sie die Italiener noch heute nennen, erlebt gesetzlose Zustände, und einen großen Mangel an allem Lebensnotwendigen. Noch dazu ist es ein bitterkalter Winter - der schwärzeste Winter, den die Stadt je erlebt hat.
In diesem Minenfeld, geprägt von der ständigen Bedrohung verhaftet zu werden, ermittelt Commissario De Luca. Es geschahen nahezu zeitgleich drei Morde, noch dazu fast am selben Ort. Scheinbar logische Erklärungen sind schnell gefunden, doch diese stellen den Commissario nicht zufrieden. Einer der Morde an einem Deutschen hat zur Konsequenz, dass das Leben von 10 Geiseln auf dem Spiel steht. De Luca hat nur wenige Tag Aufschub, um den Fall zu lösen und so deren Leben zu retten.
Lucarellis Buch ist nicht nur ein spannender, vielschichtiger Krimi, es lässt den Leser auch in eine kurze Epoche der italienischen Geschichte eintauchen, die in Deutschland nahezu unbekannt ist. Der schwärzeste Winter, bevor der Frühling der Befreiung 1945 die Erlösung brachte. Ein ausgezeichnetes Buch sowohl für Krimiliebhaber als auch für historisch interessierte Leser.
Martin Schick

Carlo Lucarelli
„Der schwärzeste Winter“

Kriminalroman
320 Seiten
Folio Verlag
22,- Euro

Kälte und Hunger
Der Guggolz Verlag ist dafür bekannt, dass der Verleger wie ein „Trüffelschwein“ verborgene und vergessene Schätze der Weltliteratur für die Leser ausgräbt, um diese dann edel in bibliophiler Aufmachung fürs Sammlerherz herauszugeben, fast immer neu übersetzt.
Nun hat der Verlag ein schwedisches Kleinod entdeckt. Stig Dagerman, Schriftsteller und Journalist, die tragische Figur der schwedischen Literatur, wurde von seiner Zeitung 1946 nach Deutschland geschickt, um mit seinen Reportagen ein Bild der Lage Deutschlands zu geben. Er beschreibt mit Empathie und Eindringlichkeit das so zerstörte Land. Sein Blick ist geprägt von seiner eigenen Trauer angesichts der Trümmerlandschaft und der traumatisierten Menschen. Das Buch ist so mitreißend, ja fesselnd erzählt; dabei vermeidet er jeglichen Voyeurismus. Die Reportagen werden getragen von der Erschütterung angesichts der Zerstörung eines Landes, dessen Schönheit er in Erinnerung hat.
Thomas Mahr

Stig Dagerman
„Deutscher Herbst“

Reportagen
190 Seiten
Guggolz Verlag
22,- Euro

Superpeinliche Omas
Was für ein Heidenspaß, wenn zwei Großmütter ganz gegen jegliches Klischee auf dem Turm im Freibad ihre gewagten Sprungkünste zeigen! Da wird es fast zur Nebensache, dass eigentlich die Enkel Hubert und Otto mit der Luftmatratze um die Wette paddeln. Was für ein wunderbares Wimmelsommerbilderbuch voller Komik, aber auch Ehrgeiz, der sich am Ende aber in Wohlgefallen auflöst. Im Duell der Großmütter gewinnt die Fairness. Schließlich wollen alle einen entspannten Nachmittag im Strandbad verbringen. Zum Schmökern, zum Vorlesen und vor allem zum Schmunzeln ab vier bis zur Großmütterzeit.
Thomas Mahr

Hannes Wirlinger, Volker Fredrich
„Das Duell der Großmütter“

Bilderbuch von 4 -99 Jahren
56 Seiten
Tulipan Verlag
16,- Euro

Eine Landbrücke von Afrika nach Europa
Mit dem Blick von heute ist Atlantropa sicherlich undenkbar, ein Projekt, das das Mittelmeer zu Teilen trockenlegen sollte, um so Afrikas und Europas Landmassen zu verbinden. Absurd nicht nur wegen der Klimakrise, sondern auch wegen eines Gigantismus und einer Technikgläubigkeit, die für einige Katastrophen der Vergangenheit verantwortlich sind. Der in Berlin lebende Schriftsteller Matthias Lohre erinnert mit seinem neuen Roman „Der kühnste Plan seit Menschengedenken“ an den Architekten Herman Sörgel, der zwischen den beiden Weltkriegen Kollegen, Wissenschaftler und Politiker für seine Idee einnahm. Selbst die Nazis waren von Sörgels Projekt zunächst fasziniert. Nur sah dieser in seinem Plan ein Projekt für den Frieden und nicht für nationalistische Allmachtspiele.
Matthias Lohre hat aber kein Sachbuch geschrieben, sondern einen wunderbaren Roman, der uns hinter die Kulissen des Lebens des Protagonisten blicken lässt.
Sörgel war verheiratet mit einer ähnlich schillernden Frau, Irene von Villányi, die aus einer jüdisch ungarischen Familie stammte und als Übersetzerin tätig war. Beide gehörten zum Kreis der Münchner Bohème und hatten so natürlich nichts mit den Nazis am Hut. Selbst nach dem Krieg taucht die Idee von Atlantropa wieder auf, bevor sie endgültig im Kuriositätenkabinett der Geschichte verschwindet.

Matthias Lohre
„Der kühnste Plan seit Menschengedenken“

480 Seiten
2021 - Wagenbach Verlag
26,- Euro

Mal eben kurz die Welt retten
Tschakalaka!!! Hier kommt die absolut verrückteste und unlangweiligste Leseempfehlung nicht nur für Lesemuffel. Eigentlich hat sich Flo nur ein Haustier gewünscht, doch nun hat ihm das Universum Fonk geschickt, einen Agenten mit geheimer Mission in Gestalt eines Wellensittichs. Im Weltall lauern die fiesen Sternenfresser und wollen die Erde vernichten, aber Fonk will den Menschen helfen. ILSE (intergalaktische Liga sanftmütiger Existenzen) hat ihn auf die Erde geschickt, um herauszufinden, ob die Menschen im Herzen gut sind. Können er und seine Freunde Flo und Karlotta die Welt retten? Drückt die Daumen, dass es gelingt und begleitet Fonk auf seiner wichtigen Mission.

Tobias Goldfarb
„Fonk - Geheimagent aus dem All“

224 Seiten
Carlsen
10,- Euro

Was auf uns zukommt, wenn das Eis schmilzt
Der Geologe Peter D. Ward hat sein Buch „Die große Flut“ schon vor 10 Jahren geschrieben. Jetzt ist es aktualisiert wieder neu erschienen. Es hat nichts von seiner Brisanz verloren und zeigt in aller Deutlichkeit die Konsequenzen der Klimakrise auf. Naturereignisse, die er damals schon ankündigte, sind längst wahr geworden. Wir sehen nun die Wälder brennen, die Dürren, und die Flutkatastrophen – alles Auswirkungen des Klimawandels. Das Meer wird zur Bedrohung, aber nicht nur für die Inseln der Südsee, sondern auch für europäische Hafenstädte wie Hamburg, London oder Rotterdam. Drastisch schildert Ward die Bedrohungen der Klimaerwärmung; auch davon, dass Meerwasser Ackerland unfruchtbar machen wird.
Man liest dieses Buch ohne anschließend Depressionen zu bekommen. Es ist fesselnd geschrieben und fordert uns auf, alles zu unternehmen, um die Erderwärmung zu stoppen. Und es liefert uns die Argumente, die wir für die ewig Gestrigen brauchen, die den Klimawandel immer noch leugnen.

Peter D. Ward
Mitarbeit: Christoph Hirsch
„Die große Flut“

246 Seiten
2021-oekom Verlag
22,- Euro

Der richtige Platz im Leben
Die Zwillingsschwestern Desiree und Stella wachsen auf in einem kleinen Ort in Louisiana, der auf keiner Karte zu finden ist. Früh erleben sie Armut, Hunger und Brutalität. Die Mädchen fliehen und suchen ihr Glück in der Stadt, doch früh trennen sich ihre Wege. Während Desiree versucht alle Geheimnisse ihrer Herkunft zu ergründen, geht Stella den entgegengesetzten Weg und verleugnet ihre Vergangenheit. Beide haben Töchter bei denen sich die Suche nach dem richtigen Platz im Leben fortsetzt. Den Sehnsüchten und der Zerrissenheit ihrer Charaktere zu folgen ist schlichtweg atemberaubend und entwickelt sich zu einem überwältigendem Epos.

Brit Bennett
„Die verschwindende Hälfte“

416 Seiten
Rowohlt Verlag
22,- Euro

DAS Sommerbuch des Jahres
Zum Glück des Buchhändlerlebens gehört es, täglich neue interessante Bücher in die Hand zu bekommen. Man liest ein paar Seiten, und dann kommt es vor, dass man vollkommen gefesselt ist und bis zum Ende nicht mehr aufhört zu lesen. Dieses Buch ist so ein Fall: Marie, Ende vierzig, Dozentin an der Uni in Prag, frisch geschieden, verbringt den Sommer in ihrer Heimat. Die Eltern sind krank und gebrechlich, haben aber ihre Geheimnisse, ihre Schwester verhärmt und vorwurfsvoll. Marie lernt einen jungen Buchhändler kennen, kann da wirklich mehr daraus werden? Das Alles ist so herrlich klug und einfühlsam erzählt, die Lesestunden mit Marie gehören zu den kostbarsten überhaupt.

Jirí Hájícek
„Vignetten mit Segelschiff“

272 Seiten
Karl Rauch Verlag
22,- Euro

Wir glaubten an den Weg, obwohl wir vom Ziel keine Ahnung hatten
Dies sind die Aufzeichnungen des Künstlers Duncan Hannah, der 1970 mit 17 nach New York kommt und seine Erlebnisse und Gedanken schriftlich festhält. Mit beeindruckender jugendlicher Lebensgier auf der Jagd nach Mädchen, Drogen, Alkohol begegnen ihm auch die kreativsten und verrücktesten Menschen dieser schillernden Jahre in oft bizarren Situationen. Im Mittelpunkt steht die Musik, später mehr die Kunstszene. Das Alles ist so unmittelbar geschrieben, als läse man seine eigenen Erinnerungen an die Jugend, während des Lesens fallen einem Szenen und Details aus dem eigenen Leben ein; das ist zuweilen wehmütig aber immer ein Heidenspaß.

Duncan Hannah
„Dive“

560 Seiten
Rowohlt Verlag
28,- Euro



Vom Arbeiterkind zur Schriftstellerin
In diesem Frühjahr hat der Aufbau Verlag einen literarischen Schatz in einer neuen Übersetzung veröffentlicht.
Die „Kopenhagen Trilogie“ der dänischen Autorin Tove Ditlevsen, die in ihrer Heimat vor allem in den 60er und Anfang der 70er Jahre gelesen wurde. Nun ist die Autorin auch bei uns wieder entdeckt und erscheint derzeit in 16 Ländern.
Tove Ditlevsen wurde 1917 in Kopenhagen als Kind einer Arbeiterfamilien geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf.
Schon früh entdeckt sie ihre Begabung fürs Schreiben und zur Dichtung. Gefördert wurde diese Begabung allerdings nicht, im Gegenteil, sie musste sie eher verstecken, aus diesem Grund wollte sie ihrem Elternhaus möglichst früh entfliehen.
In den drei Bänden „Kindheit“, „Jugend“ und „Abhängigkeit“ schildert sie ihr Leben so bildlich, bewegend und intensiv, dass die Lektüre zu einem ganz besonderen Leseerlebnis wird, das man so schnell nicht wieder vergisst.

Tove Ditlevsen
„Kindheit“

Kopenhagen Trilogie Teil 1
118 Seiten
Aufbau Verlag
18,- Euro


Tove Ditlevsen
„Jugend“

Kopenhagen Trilogie Teil 2
154 Seiten
Aufbau Verlag
18,- Euro


Tove Ditlevsen
„Abhängigkeit“

Kopenhagen Trilogie Teil 3
176 Seiten
Aufbau Verlag
18,- Euro

Ein glücklicher Sommer
Warschau 1980.
Zwei junge Männer lernen sich nach dem Studium bei einem Ernteeinsatz kennen und verlieben sich.
Sie verbringen ein paar unbeschwerte und glückliche Tage zusammen an einem See, es werden die wohl schönsten Tage ihres Lebens.
Leider können sie Ihre Liebe in der Öffentlichkeit des damaligen Polen nicht leben.
Die beiden Männer schlagen nach diesem Sommer zwei ganz unterschiedliche Wege ein.
Ein Buch über Liebe und Verlust, in melancholischer Schönheit geschrieben.

Tomasz Jedrowski
„Im Wasser sind wir schwerelos“

Roman
224 Seiten
Hoffmann und Campe Verlag
23,- Euro

Wer und wie sind die anderen?
Ein Mann wird nachts auf dem Highway in der kalifornischen Wüste vor seinem Restaurant angefahren und stirbt. Der Fahrer begeht Fahrerflucht. Nora, eine der zwei Töchter glaubt nicht an einen Unglücksfall. Sie stellt sich die Frage, ob sein Tod mit seinem Geheimnis zu tun haben könnte oder der Tatsache, dass ihr Vater marokkanischer Abstammung ist oder hängt er mit den Querelen mit dem benachbarten Bowlingbesitzer zusammen.

Laila Lalami
„Die Anderen“

432 Seiten
Kein & Aber Verlag
24,- Euro

Ein Sommer in den achtziger Jahren
Für einen Sechzehnjährigen fällt der Sommer quasi aus. Er muss nach den Sommerferien in die Nachprüfungen und deshalb dableiben. Während der Rest der Familie in den Urlaub fährt, „darf“ er zu Großmutter und Stiefgroßvater um Versäumtes nachzuholen.
Wir sind in den frühen 80er Jahren in Franken und das Schöne an dem Roman ist, dass diese Handlung uns allen so bekannt vorkommt, jeder hat solche Sommer erlebt, an der Schwelle von Jugend zu Erwachsensein – Verliebtsein, Freundschaft und jugendlicher Dummheit.

Ewald Arenz
„Der große Sommer“

320 Seiten
DuMont Verlag
20,- Euro

Geopolitische Zusammenhänge und die Erkenntnis über die Fragilität von Frieden
Für neue Handelsstrecken und Knotenpunkte verteilt China freigiebig enorme Kredite, vor allem an asiatische und afrikanische Staaten. Kredite, die nie zurückgezahlt werden können und die betroffenen Staaten in Abhängigkeitsverhältnisse drängen. Eine Methode, der sich auch andere Supermächte bedienen. Die Folge: Verstrickungen, Intrigen, Verträge und Abhängigkeiten, die global alle betreffen.

Peter Frankopan
„Die neuen Seidenstraßen“

352 Seiten
Rowohlt Verlag
22,- Euro

Ein unkonventioneller Diskurs über Identität
Bei ihrer Identitätssuche findet Nivedita in ihrer Professorin für Postcolonial Studies, Saraswati ein großes Vorbild. Doch was für ein Skandal! Saraswati ist nicht, wie sie vorgibt, Inderin, sondern weiß! Kurzerhand zieht Nivedita bei Saraswati ein, um mit ihr über intime Fragen zu diskutieren. Ein witziger, schonungsloser und kontroverser der sich liest wie ein Schleudergang.

Mithu M. Sanyal
„Identitti“

432 Seiten
Hanser Verlag
22,- Euro

Die Jugend – welch „euphankolische“ Zeit
Missouri, 1985: Im Leben und der Gefühlswelt des 15-jährigen Sam ist einiges los. Wells lässt die Lesenden mit sensiblem Blick noch einmal die emotionale Achterbahn der Pubertät durchleben. Ein unberechenbares Wechselbad, bei dem Euphorie und Melancholie zu „Euphankolie“ verschmelzen.

Benedict Wells
„Hard Land“

338 Seiten
Diogenes Verlag
24,- Euro

Leidenschaften in der Einsamkeit des französischen Zentralmassiv
Evelyne verschwindet spurlos. Guillaume, ihr Mann ist untröstlich, hat aber ein Geheimnis. Michel, unglücklich verheiratet, entdeckt Seiten an sich, von denen er nichts ahnte. Alice, seine Frau, ist auffallend oft bei Joseph, dem schweigsamen, allein lebenden Schafhirten.
Und wer ist diese junge Frau, die plötzlich auftaucht?
Perfekte Spannung bis zur letzten Seite. Versprochen.

Colin Niel
„Nur die Tiere“

286 Seiten
Lenos Verlag
22,- Euro

Vampire im Paradies
Eine junge Künstlerin fährt in ihren Sommerferien in die alteHeimat in Rumänien der Nachwendezeit. Sie verbringt unbeschwerte Tage bei ihrer mondänen Familie, die Zeiten ändern sich, alles ist möglich. Doch als dann eine schrecklich zugerichtete Leiche gefunden wird und sich herausstellt, dass die Erzählerin eine direkte Nachfahrin von Dracula ist, nimmt das Unheil seinen Lauf. Der Erzählstil ist absolut magisch, man verfällt der Autorin von der ersten Seite an und folgt ihr überall hin.

Dana Grigorcea
„Die nicht sterben“

Roman
264 Seiten
Penguin Verlag
22,- Euro

Zwei Stunden pures Leseglück
Sizilien, 1743. Agata und Annuzza sind beste Freundinnen seit Kindertagen. Beide lieben Girolamo, mit einer ist er verheiratet, doch er liebt auch die andere. Vor der Pest sind alle in kleine Dörfer aufs Land geflohen, die zwei Frauen schreiben sich Briefe, in denen sie sich gegenseitig alle Geheimnisse gestehen. Wird ihre Freundschaft Bestand haben?

Dacia Maraini
„Trio“

Roman
106 Seiten
Folio Verlag
20,- Euro

Nicht nur für Schrebergartenbesitzer – auch für TräumerInnen
Hier kann man mal nach Herzenslust über den Gartenzaun schauen, ohne als neugierig zu gelten. Mehr noch, wir dürfen sogar in Schrebergartenhäuschen blicken und uns werden ganz großzügig Tipps verraten, nicht nur zum Thema Gärtnern, auch zum Gestalten, Dekorieren, Einrichten.
Das Buch ist sowas wie eine erweiterte Gartenzeitschrift…zum Schwelgen.

Jana Henschel & Ulrike Schacht
„Gartenglück“

Zu Hause im Schrebergarten
Hardcover
160 Seiten
Callwey
20,- Euro

Ein Kleinod von einem Backbuch
Nanettes Backbuch ist ein Glücksgriff! In schönes helles Leinen gebunden, mit einem leckeren Gugelhupf als Vignette auf dem Cover, schöne Typografie, wunderbar haptisch anzufassen, handschmeichlerisches Papier – und es erzählt von Nanette aus dem Fränkischen, Lebenssprenkel eingestreut zwischen so wunderbar einfachen und herkömmlichen Backrezepten, von Lieblingskuchen, die wir alle kennen. Und hier sind sie alle vereint, in einem Backbuch mit Rezepten für Kuchen, nach denen wir uns sehnen, ganz ohne Firlefanz …

„Nanettes Backbuch“
Die gesammelten Rezepte einer Landbäuerin
Hardcover
192 Seiten
ars vivendi
20,- Euro

Ausflugsverführer
Das ist kein Wanderführer, das ist kein Geologiebuch, das ist kein Bildband, das ist kein Reiseführer, das ist kein Ausflugslokalführer – sondern von allem etwas! Und zwar nicht wahllos, sondern der Autor Thomas Faltin, Jounalist, beschränkt sich zu 10 Themen auf 10 verschiedene Sehenswürdigkeiten der Schwäbischen Alb. Ein Buch zum Schmökern, mit bekannteren und weniger bekannten Zielen, dazu kommen Fotos, die Lust zum Hinfahren machen.

Thomas Faltin
„Wo die Alb am Schönsten ist“

10 x 10 sehenswerte Orte auf der Schwäbischen Alb
Hardcover
224 Seiten
Gmeiner
28,- Euro

Jetzt neu im Taschenbuch

Ein herausragendes Gartentagebuch

Die Journalistin Meike Winnemuth hat ein ganz besonderes Experiment gewagt.
Sie kaufte sich einen Garten mit kleinem Gartenhaus und beschloss, ein Jahr lang darin zu wohnen und sich nur von dem zu ernähren, was sie mit ihren eigenen Händen angebaut und geerntet hat. Ob ihr dies gelang, beschreibt sie mit Tempo und Witz in ihrem Buch „Bin im Garten“, ein Lesevergnügen für alle GärtnerInnen und solche, die es werden wollen.
Denn was gibt es in diesen Zeiten Schöneres, als in der Erde zu wühlen, wenn einem sonst in vielen Bereichen die Hände gebunden sind.

Meike Winnemuth
„Bin im Garten“

Taschenbuch
331 Seiten
Penguin Verlag
14,- Euro

Jetzt neu im Taschenbuch

Göttinnengeschichte neu erzählt

Circe ist die Tochter des Sonnengotts Helios und der Nymphe Perse, fühlt sich aber mehr zu den Menschen hingezogen. Sie ist stark und mutig und wird wegen ihres rebellischen Verhaltens auf eine Insel verbannt, eines Tages muss sie sich entscheiden …
Sprachlich hervorragende Geschichte auf den Grundpfeilern der Mythologie.

Madeline Miller
„Ich bin Circe“

Taschenbuch
517 Seiten
Eisele
14,- Euro
Hardcover
Eisele
24,- Euro

Jetzt neu im Taschenbuch

Wer „Altes Land“ geliebt hat, muss auch „Mittagsstunde“ lesen!

Ein Kieler Unidozent legt ein Sabbat-Jahr ein, um in das nordfriesische Dorf Brinkebüll heimzukehren und seine Großeltern zu betreuen, die einen Gasthof betreiben. Bald schon stirbt sein Großvater und seine demenzerkrankte Großmutter muss versorgt werden. Diese Großmutter rollt eher unfreiwillig die Familiengeschichte auf.
Dörte Hansen erzählt hier ein sehr lesenswertes dörfliches norddeutsches Anti-Idyll.

Dörte Hansen
„Mittagsstunde“

Taschenbuch
335 Seiten
Penguin
12,- Euro
Hardcover
Penguin
22,- Euro

Jetzt neu im Taschenbuch

Ein Buch zum Wegtauchen

Ein wunderbares Buch über ein Mädchen im Sumpfland von North Carolina, sie lebt in und mit der Natur, lebt und überlebt durch das Sammeln von Meeresgetier, lernt einen Jungen kennen, woraus später Liebe erwächst; beobachtet, beschreibt und zeichnet die Natur um sich herum … bis das Verlassenwerden und Ausgrenzung sie einholen.
Eine große Naturgeschichte, ein wenig Liebesgeschichte und ein klein wenig Krimi.

Delia Owens
„Der Gesang der Flusskrebse“

Taschenbuch
460 Seiten
Heyne verlag
11,99 Euro
Hardcover
Hanserblau
22,- Euro

Plapperkükens Schnabel steht niemals still
Verflixt nochmal, das kleine Küken hätte so viel zu erzählen, doch niemand will ihm zuhören. Jeder in der Familie ist mit sich selbst beschäftigt oder hat zu tun. Da taucht beim Spielen ein seltsames Ei auf.
Und das gilt es zu behüten. Und wie groß ist die Überraschung, als eine kleine Schildkröte schlüpft. Endlich hat unser Küken eine Freundin, die auch noch bestens zuhören kann, weil sie selbst doch eher schweigsam ist. Was für eine wunderbare Freundschaft…

Janie Bynum
„Das Plapperküken“

Bilderbuch ab vier
40 Seiten
NordSüd Verlag
15,-Euro

Erziehen ohne Druck und Macht?
Susanne Mierau ist Kleinkindpädagogin und Familienbegleiterin - in ihrem neuen Buch „Frei und Unverbogen“ möchte sie aufzeigen, wie es Eltern gelingen kann, ihren Kindern beim Aufwachsen auf Augenhöhe zu begegnen und auch schwierige Alltagssituationen zu meistern. Denn ein Kind bedingungslos anzunehmen bedeutet, auf Druck, Erwartungen oder Strafen zu verzichten und die Persönlichkeit des Kindes zu respektieren. Denn wir sollten wissen, die Beziehung von Eltern und Kind beeinflusst das gesamte Leben des Kindes. Ein praktikables Lebensbuch nicht nur für schwierige Zeiten!

Susanne Mierau
„Frei und unverbogen“

273 Seiten
Beltz
18,95 Euro

Es lebe die Freundschaft!!
Dieses Buch ist wahrlich allen Freundschaften gewidmet – den kurzen, flüchtigen, den lebenslangen, den tiefen, den schwebenden, denen, die zu Liebesgeschichten werden und auch jenen, die wir uns gar nicht zugetraut haben. Ein unverzichtbares Geschenk für alle Freunde, die uns seit Monaten soooo fehlen…

Heike Faller
„Freunde“

Was uns verbindet
180 Seiten
Kein & Aber
20,- Euro

Das Buch von Paula
Was passiert, wenn man zwischen die Mühlsteine der Geschichte gerät? Paula Morandell, ein Südtiroler Mädchen erlebt als 5jähriges Kind, was es bedeutet, die Heimat zu verlassen, Sprache und Kultur zu verlieren. 1939 wandert ihre Familie im Zuge der „Option“ aus Südtirol, das seit wenigen Jahren ein Teil Italiens geworden ist, aus nach Baden bei Wien. Wie erlebt dieses Kind den Zweiten Weltkrieg und gibt es einen Weg zurück? In diesem Buch steckt, sehr gut erzählt, eine beispielhafte Lebensgeschichte des 20.Jahrhunderts. Wer Paula auf ihrem Weg folgt, wird miterleben, dass sie nie aufgibt und heute auf ein gelungenes Leben zurückblickt. Unbedingt lesen!

Verena Nolte
„Der Milchkrug“

Ein Südtiroler Mädchen erlebt Krieg und Neuanfang
256 Seiten mit vielen Fotos aus dem Familienalbum
Folio Verlag
25,- Euro

Häberle ist zurück!
Eigentlich hätte es Kommissar Häberle nun fast in den wohlverdienten Ruhestand geschafft, würde ihn nicht am Tag seiner Verabschiedung die Vergangenheit einholen. Ein anonymer Hinweis, der sich auf einen alten Fall aus den 1980er Jahren bezieht, der bis dahin größte Kidnapping-Fall Deutschlands, wühlt den Kommissar auf. Wer war damals verwickelt in die Geiselnahme der Tochter des Göppinger Sparkassendirektors? Mysteriöse Todesfälle häufen sich, August Häberle macht sich an seinen 21.Fall…

Manfred Bomm
„Die Gentlemen-Gangster“

636 Seiten
Gmeiner Verlag
15,- Euro

Das Buch der kleinen Katzenweisheiten
Ein neues Meisterwerk von Axel Scheffler und Frantz Wittkamp! Der eine beherrscht seine Farbpalette, der andere die Reime, welch Vergnügen muss es den beiden bereitet haben uns mit kleinen Katzenweisheiten zu erfreuen:
„Mit Vergnügen schlafen Katzen
Neuerdings auf Luftmatratzen.
Doch am liebsten, wie wir wissen,
schlafen sie auf Sofakissen.“


Axel Scheffler/Frantz Wittkamp
„Unter Katzenfreunden“

Bilderbuch ab 5 Jahren
32 Seiten
Beltz
11,95 Euro

Ein Hoch auf die Fantasie
Was kann passieren, wenn man sich den großen weißen Hund von Oma zu einem gewöhnlichen Spaziergang holt? Geh nicht zu weit! Und bleib nicht zu lang! Aber wie lang und fantasievoll so ein Spaziergang werden kann, das entdecken wir mit viel Humor und in einer traumhaften Bilderwelt!
Mein absolutes Lieblings-Wimmelbuch, ein Meisterwerk von Sven Nordqvist!

Sven Nordqvist
„Spaziergang mit Hund“

extragroßes Bilderbuch ab 5 Jahren
32 Seiten
Oetinger
20,- Euro

„Werden wir Technik mehr lieben als Menschen?“
Eine Smartcity soll in der Libyschen Wüste entstehen. Turek arbeitet für die dafür verantwortliche Firma und reist um die ganze Welt. Technik und künstliche Intelligenz. Entdecken. Entwickeln. Testen. Verhandeln. Was für Turek mit Hingabe und Vertrauen beginnt, droht in Rebellion und Flucht aufzugehen. Es lohnt sich beim Lesen zu googeln, denn was wie ferne Zukunftsmusik klingt, entpuppt sich als greifbar nah.

Niklas Maak
„Technophoria“

277 Seiten
Hanser Verlag
23,- Euro

Versinken in grotesk-dystopischen Welten
Kurzgeschichten, die uns eintauchen lassen in skurrile, dunkle Welten, die nach ihrer eigenen Logik funktionieren. Settings, die von Gegenständen und Verfall überladen sind und Reisen zu den Abgründen des Menschseins, erschaffen eine atemberaubende Stimmung. Licht ins Düstere bringen unerwartete Wendungen, Befreiungsschläge und eine Prise gewitzter Feminismus.

Camilla Grudova
„Das Alphabet der Puppen“

200 Seiten
Culturbooks Verlag
20,- Euro

Wenn nichts ist, wie es scheint
Eine Welt, die zersplittert ist in 21 wie Inseln am Himmel schwebende Archen.
Durch ihre Verlobung mit Thorn wird Ophelia, weit weg von ihrer friedlichen Heimatarche, hineingeworfen in Intrigen um Macht und Einfluss am Hofe der Arche des Pols – ihrer neuen, eisigen Heimat. Nicht einmal ihrem zukünftigen Ehemann kann sie vertrauen. Was zu Beginn wie der Auftakt einer abenteuerlichen Fantasy-Serie klingt, entpuppt sich dazu als komplexer Gesellschaftsroman.

Christelle Dabos
„Die Spiegelreisende – die Verlobten des Winters“ Band 1

535 Seiten
Insel Verlag
18,- Euro

Deine Achtbarkeit – von anderen kreiert
Ariane ist klug, offen, hübsch, sexy, die Männer liegen ihr zu Füßen. Von der Tante mit ausschweifendem Leben unabhängig und frei aufgezogen, kann der Skandal nicht weit sein. So ein Mädchen kann nur ein Flittchen sein! – so sieht es auch Konstantin, welcher eine Affäre mit Ariane beginnt und sich plötzlich in einer Beziehung mit ihr wiederfindet. Am Ende seiner Vorurteile steht ein Denkzettel, der Konstantin gewaltig den Kopf waschen sollte.

Claude Anet
„Ariane – Liebe am Nachmittag“

269 Seiten
Dörlemann Verlag
23,- Euro

Zuhören heißt wertschätzen
Großmutter Grace ist Zoes beste Freundin, denn sie respektiert sie, ist kreativ und außergewöhnlich. Als Grace‘ Demenz ein gefährliches Ausmaß annimmt, bricht auch für sie eine Welt zusammen, denn ihre Großmutter ist ihr Zufluchtsort. Ein einfühlsamer Jugendroman, nicht nur über Alter und Demenz, sondern vor allem über das Miteinanderreden und Wertschätzung innerhalb einer Familie. Ein Buch über Rebellion und das Finden von nicht ganz so konventionellen Lösungen.

Allan Stratton
„Zoe, Grace und der Weg zurück nach Hause“

253 Seiten
Hanser Verlag
26,- Euro
Ab 12 Jahren


Moderner Feminismus – ernst, stark und humorvoll
Im Deutschland des 21. Jahrhunderts ist zwar vieles besser, aber noch lange nicht gut. Es geht um Geschlechterrollen und Gleichberechtigung. Um Macht, Sexualität und das Recht am eigenen Körper.
Die Spiegel-Kolumnistin Margarete Stokowski legt mit scharfem Verstand und einer humorvollen, spitzen Zunge die Schwachstellen unserer Gesellschaft frei. Schnell wird deutlich, wenn sich in Sache Geschlechtergerechtigkeit etwas ändern soll, geht es um Details. Während „Die letzten Tage des Patriarchats“ eine Auswahl ihrer Kolumnen sammelt und einen Überblick über aktuelle Debatten verschafft, beschreibt Stokowski in „Untenrum frei“ wie es ist in Deutschland als Mädchen aufzuwachsen: Mädchenzeitschriften, lückenhafter Aufklärungsunterricht, Übergriffe, Tabus.

Margarete Stokowski
„Untenrum frei“

256 Seiten
Rowohlt Taschenbuch
12,- Euro

Margarete Stokowski
„Die letzten Tage des Patriarchats“

320 Seiten
Rowohlt Taschenbuch
12,- Euro

Zwischen Realität und eigenen Träumen
Zuhause ausziehen und einen Beruf erlernen – der erste große Schritt ins Erwachsenenleben. Jedoch nicht der letzte! Casey hat sich ihr Leben nach dem Studium sicherlich anders vorgestellt: ein Berg voll Schulden, stressiger Job, mieser Chef. Ihre Mutter ist vor kurzem gestorben, ihr Freund hat sie verlassen. Nachdem Casey in ein tiefes Loch gefallen ist, gilt es jetzt wieder aufzustehen. Ein Roman für alle, die den ersten Schritt ins Erwachsenenleben hinter sich und die weiteren noch vor sich.

Lily King
„Writers & Lovers“

319 Seiten
C.H. Beck Verlag
24,- Euro

Schlüssel zum vielfältigen Einwanderungsland
Die Historikerin Maria Alexopoulou nimmt die Lesenden mit auf eine Reise durch die Zeit – auf den Spuren von Einwanderung und Rassismus in Deutschland. Der Begriff des „Rassistischen Wissens“ spielt dabei eine zentrale Rolle. Es gilt dieses Wissen auszugraben, zu entlarven und zu benennen, um es aus unserer Gesellschaft ein für alle Mal zu verbannen.

Maria Alexopoulou
„Deutschland und die Migration“

281 Seiten
Reclam Verlag
24,- Euro

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute
Memento Mori hat das Sterben in den Büchern satt. Um das zu ändern, stürzt er sich in literarische Welten und mischt sich in (fest-)geschriebene Schicksale ein. Wenn das mal gut geht!? Ein herrlich komischer Krimi durch die Welt der Literatur ¬– erinnert ein wenig an Adam Douglas‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“.

Beka Adamaschwili
„In diesem Buch stirbt jeder“

199 Seiten
Voland & Quist Verlag
25,- Euro

Gute-Nacht-Geschichten von einer kleinen Fledermaus
Die kleine Fledermaus Wegda ist tollpatschig und führt sich so ganz anders auf, als andere Fledermäuse.Sie möchte nachts schlafen und tagsüber Abenteuer erleben, wie zum Beispiel Rad fahren lernen, Freunde finden, Geburtstag feiern und vieles mehr.

Nanna Neßhöver
„Die kleine Fledermaus Wegda“

64 Seiten
ab 4 Jahren
Carlsen Verlag
13,- Euro

Eine turbulente Reise in die Vergangenheit
Oma Seifertiz trinkt versehentlich zu viel vom Verjüngungstrank des Mr Bats. Erstaunliche und wirklich witzige Dinge geschehen…
Leider weiß Mr Bats auch nur wenig über seinen selbstgebrauten Trank.
Christine Nöstlinger hat die Geschichte aufgeschrieben. Robi der Enkel von Oma Seifertiz, hat ihr alles erzählt. Und er hat geschworen, dass es die Wahrheit ist.

Christine Nöstlinger
„Mr Bats Meisterstück“

128 Seiten
Oetinger Verlag
13,- Euro

Eine Geschichte über die Hoffnung
Nino wächst bei seinem Vater im Leipzig der Neunziger auf.
Seine Mutter hat ihn kurz vor dem Mauerfall dort zurückgelassen.
Bei einer Gruppe Punks findet er ein neues Zuhause, doch die tägliche Bedrohung durch Neonazis machen sein Lebennicht gerade leichter.
Eine Geschichte über Veränderung und Aufbruch, die Mut macht.

Johannes Herwig
„Scherbenhelden“

270 Seiten
Gerstenberg Verlag
16,- Euro

Ein buntes ABC der Maskentiere
Rotraut Susanne Berner gehört längst zu den bekanntesten Illustratorinnen hierzulande.
Nun hat sie ein buntes ABC der Maskentiere erschaffen, bei dem Einhorn, Bär und Nachtigall um die Wette tanzen. Zum Mitmachen und Mitreimen wird ausdrücklich eingeladen.

Rotraut Susanne Berner
„Einhorn, Bär und Nachtigall tanzen auf dem Maskenball“

48 Seiten
Verlag Antje Kunstmann
12,- Euro

Vom Erbe unserer Mütter
Hannah ist 27 und arbeitet an ihrer Doktorarbeit, nebenbei kümmert sie sich um ihre 92 Jahre alte Oma. Sie findet bei ihr einen Brief aus Israel mit der Nachricht, dass ihre Oma Erbin des Kunstvermächtnisses von Itzig Goldmann ist.
Hannah beginnt sich für die Geschichte ihrer Familie (von der sie sehr wenig weiß) zu interessieren.
Die Spur führt sie zurück in die 1920er Jahre, als vier Frauen versuchten ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Alena Schröder
„Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“

368 Seiten
dtv Verlag
22,- Euro

Für alle kleinen Steinzeitbegeisterten
Klimawandel und Eiszeit lässt sich anhand dieses Buches gut erklären. Nach einem Familienbesuch im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren oder im Archäopark bei Niederstotzingen ist dieses Buch die richtige Lektüre für Menschen ab 5 Jahren. Neben den Mammuts tummeln sich hier auch Säbelzahntiger, Wollnashorn, Yukon-Pferd und dann machen wir einen Sprung von den Neandertalern ins heutige Hollywood.
Geschrieben vom Eiszeit-Experten Mike Benton.

Rob Hodgson/Mike Benton
„Mit Mia Mammut in die Eiszeit“

48 Seiten komplett farbig illustriert
Seemann
18,- Euro

Wo die Tiere zuhause sind
Ein Bilderbuch über die Lebensräume der Tiere - in einer Art, die begeistern wird! Mit klarer moderner Illustration, in Reimform und mit Gucklöchern, die dieses poetische Sachbilderbuch besonders machen. Ein so schönes und wichtiges Buch für kleine Menschen ab 3 Jahren.

Britta Teckentrup/Patricia Hegarty
„Zuhause“

32 Seiten durchgehend farbig illustriert mit Gucklöchern
ars edition
15,- Euro

Unsere tierischen Nachbarn
Man muss nicht ins Flugzeug steigen und auf Safari gehen, um besondere und interessante Tiere zu entdecken. Hier ist ein opulent und wunderschön gestalteter Bildband für die gesamte Familie.
In 42 unterhaltsamen und informativen Tierporträts wird von Fuchs und Reh, von Igel und Wanderratte, aber auch vom Iltis und Baummarder erzählt. Anhand von Pfotenabdruck und Losung kann sich die ganze Familie auf Spurensuche begeben.
Für Menschen ab 4 Jahren bis 4.Klasse

B.Jansen/L.Stegeman/M.Nelissen
„Tierisch“

96 Seiten farbig illustriert
Carlsen
20,- Euro

12 Kinder, die sich für den Planeten einsetzen
Ein Buch für Kinder, die bereits sensibel für das Umweltthema sind. Das Hervorragende sind die 12 Porträts von authentischen Jungs und Mädels, die sich auf der ganzen Welt für Umweltschutz engagieren und ein Projekt vor der eigenen Haustüre angestoßen haben.
Amazing!
Für Kinder von 5 bis 10 Jahren
Bilderbuchformat

Loll Kirby/Adelina Lirius
„Groß genug, die Welt zu retten“

32 Seiten durchgängig farbig illustriert
Insel
16,95 Euro

Freundschaft ist so was Wunderbares
Knut und Mäxchen gehen zusammen im Wald auf Schatzsuche. Was man da alles erleben kann, erfährt man hier in Reimform. Knuddelsüßes Bilderbuch für alle Menschen ab 3 Jahre.

Dan Tavis
„Am Samstag kommt das Abenteuer“

40 Seiten farbig illustriert
cbj
14,- Euro

Eine kluge Geschichte über Anderssein und Toleranz
Das Luchsmädchen, das sich bestens auskennt im Wald, fällt in eine Felsspalte. Ein Waschbärenjunge, ganz neu im Wald, hilft ihr aus der Patsche. Aber die anderen Tiere im Funklerwald mögen keine Neulinge und sie beschließen die Waschbären sollen verschwinden.
Aber die beiden Tierkinder finden einen Weg…
Eine warmherzige und spannende Geschichte zum Vorlesen ab 6 und zum Selberlesen ab 9 Jahre.
Ein bisschen Fantasy, ein bisschen Fabel, ein bisschen politisch hochaktuell.

Stefanie Taschinski
„Funklerwald“

256 Seiten
Oetinger
15,- Euro

Für alle, die sich verzaubern lassen wollen
„Der Abend legt sich übers Land. Frau Wolle nimmt dich an die Hand. Sie schenkt dir neuen Mut. Zum Schluss wird alles gut.“ – Aber bis dahin geht es ganz schön spannend, aber auch witzig und poetisch, zur Sache. Zwei Geschwister auf der Suche nach Frau Wolle. Ein Kinderbuch zum Vorlesen ab 6 und zum Selberlesen ab 9 Jahre, aber durch die versponnenen farbigen Illustrationen auch ein Buch für Erwachsene, die sich noch gerne verzaubern lassen.
Das dritte Buch über Frau Wolle aus der Welt hinter der Welt.

Jutta Richter
„Frau Wolle und die Welt hinter der Welt“

160 Seiten durchgehend farbig illustriert
Hanser
14,- Euro

Traue nur dir selbst
Ein Jugendbuch für LeserInnen ab 14 Jahren, spannend wie ein Krimi, mit einer weiblichen Protagonistin. Die 16jährige Tochter der neuen englischen Premierministerin belauscht ein Gespräch, in dem ein Mordkomplott gegen ihre Mutter geschmiedet wird. Da diese ihr keinen Glauben schenkt, nimmt sie die Sache selbst in die Hand.

C.J. Daugherty
„Number 10“

336 Seiten
Oetinger
18,- Euro

Genussradeln vom Allgäu bis ins Ries
Nicht nur für Senioren, einfach für alle Radler, die leichtere Touren suchen und am Wegesrand Natur- und Kulturhighlights besuchen möchten.
Radtouren von 3 bis knapp 5 Stunden, auch mit Tipps für e-Biker. Einer der ganz wenigen Radführer für dieses Gebiet! Auch Chiemgau und Münchner Süden in dieser Reihe erhältlich.

Bernhard Irlinger
„Genussradeln für Senioren“
Vom Allgäu bis ins Ries

160 Seiten
J.Berg Verlag
19,99 Euro

Verschlafen? – Macht nichts!
Für Bergfreunde, die sich erst beim Frühstück überlegen, was der Tag heute bringen soll! Eine wunderbare Auswahl von 35 erlebnisreichen Halbtagestouren im Allgäu.
Unser Tipp für die überschaubare Wanderung!
Diese Reihe bietet noch weitere Ziele wie z.B. Schwarzwald, Bodensee, Bayerische Hausberge…

Gaby Funk
„Wanderungen für Langschläfer im Allgäu“

128 Seiten
J.Berg Verlag
14,99 Euro

Wanderungen verwoben mit Sagen und Mythen
Empfehlenswerter Wanderführer, der nicht nur die Füße beschäftigt, sondern auch Kopf und Geist.
35 Wanderungen auf den Spuren von Mythen und Sagen, interessante Wandervorschläge sehr gut aufbereitet, mit allem, was das Wanderherz für Lenkung und Leitung benötigt.
In der gleichen Reihe sind weitere Wandergebiete erschienen, wie z.B. das Allgäu oder Deutschland.

Annette und Lars Freudenthal
„Mystische Pfade Schwäbische Alb“

160 Seiten
Bruckmann
19,99 Euro

Eine unmögliche Liebesgeschichte…
vor dem Hintergrund eines dunklen Kapitels der Kolonialgeschichte Europas. Ein Jazzpianist findet in der Silvesternacht eine junge Frau und rettet sie vor dem Erfrieren. Daraus entwickelt sich eine Liebesgeschichte. Doch es stellt sich die Frage, ob alles nicht so ganz dem Zufall geschuldet war.
Der Verlag nennt das Buch Kriminalroman. Es ist ein Buch, das in empathischer und detektivischer Erzählweise in die kriminelle Hölle des Kolonialismus führt.

Jonathan Robijn
„Kongo Blues“

176 Seiten
Edition Nautilus
16,90 Euro

Westwind statt bitterkaltem Ostwind
Ein Kirchenmann wird in diesem historischen Roman, der 1491 in einem weltabgeschiedenen Dorf im englischen Somerset spielt, zum Ermittler der Todesursache bzw. des Verschwindens eines Freundes. Während anderswo Amerika entdeckt wird, ist hier die Welt sehr eng und begrenzt.
Ein Buch über das europäische Mittelalter.

Samantha Harvey
„Westwind“

350 Seiten
Atrium
22,- Euro

Eine Geschichte über Freundschaft und Freiheit
Zwei sehr unterschiedliche Frauen, die den Mut finden an Träume zu glauben und auch zu verwirklichen, auf der Abenteuerreise ihres Lebens Richtung Australien. Eine hinreißende Geschichte, gilt als bisher bestes Buch von Rachel Joyce.

Rachel Joyce
„Miss Bensons Reise“

480 Seiten
Fischer Krüger
20,- Euro

Wer bestimmt welch ein Mensch wir werden?
Sind es die Umstände oder sind wir es selbst? 1896 reist eine hochschwangere Frau aus ihrer dörflichen Enge von Deutschland nach Kleinasien zu ihrem Mann. Vor der berückenden Landschaft Anatoliens verwurzelt sie neu, baut ein Leben nach ihren Vorstellungen auf, bis der Erste Weltkrieg die Familie zu einem Umbruch in ihrem Leben zwingt.

Tanja Paar
„Die zitternde Welt“

300 Seiten
Haymon
22,90 Euro

Arzt, Wissenschaftler, Intellektueller, Freigeist, Lebemann…
das alles war der Gynäkologe Dr. Samuel Pozzi (1846-1918), der in Frankreich Hygienemaßnahmen bei Operationen einführte und auch sonst seiner Zeit vorausdachte. Viele bekannte Persönlichkeiten der Belle Époque defilieren hier an uns vorbei.
Ein mit Eleganz geschriebenes Sachbuch, akribisch recherchiert von einem großen Romancier.

Julian Barnes
„Der Mann im roten Rock“

304 Seiten mit 96 Farb- und s/w-Abbildungen
Kiepenheuer & Witsch
24,- Euro

Wie kann gutes sinnerfülltes Leben gelingen?
Ein absolut starkes Buch, das uns nicht nur an die Lebensentwürfe von Denkerinnen und Denker aus Philosophie, Wissenschaft und Literatur heranführt, sondern uns auch mit Niveau durch die Fragen unseres Menschseins begleitet.

Maria Popova
„Findungen“

864 Seiten
Diogenes
28,- Euro

Deutsch-jüdische Geschichte grandios erzählt
Nach „Lauf, Ludwig, lauf“ wird hier die Geschichte von Ludwig Seligmann aus Ichenhausen weitererzählt. Ihm gelingt es, 1934 nach Israel zu emigrieren, dort als Flüchtling Fuß zu fassen und eine Familie zu gründen. Der Autor Rafael Seligmann wird dort geboren und erzählt in diesem Buch seine Familiengeschichte.

Rafael Seligmann
„Hannah und Ludwig“

416 Seiten
Langen/Müller
24,- Euro